Die "Grande Dame" der Malerei: Maria Lassnig in Hamburg

Hamburg · "Selbstporträt expressiv", 1945, heißt das älteste Gemälde in den Hamburger Deichtorhallen. Es zeigt eine junge Frau mit nacktem Oberkörper, die selbstbewusst den Betrachter ansieht.

 Blick in die Hamburger Ausstellung "Maria Lassnig. Der Ort der Bilder". Foto: Bodo Marks

Blick in die Hamburger Ausstellung "Maria Lassnig. Der Ort der Bilder". Foto: Bodo Marks

Foto: DPA

Mit 26 Jahren hat die österreichische Künstlerin Maria Lassnig das Bild gemalt, das an ein Selbstporträt von Paula Modersohn-Becker (1876-1907) erinnert. "Schon hier sind einige Elemente zu erkennen, die ihre späteren Bilder prägen werden: der selbstbewusste, kämpferische Blick und die außergewöhnliche Expressivität des Farbauftrags", erläutert Deichtorhallen-Direktor Dirk Luckow am Mittwoch in Hamburg.

Lange Zeit blieb ihr Talent unentdeckt, heute zählt Maria Lassnig zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhundert. Gerade erhielt die 93-Jährige, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Eröffnung der Ausstellung kommen konnte, den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig für ihr Lebenswerk. Passend dazu zeigen die Deichtorhallen von Freitag an bis zum 8. September eine große Retrospektive der Künstlerin. "Das zentrale Thema Lassnigs ist die schonungslose Selbstbefragung, dem sie sich auf unterschiedliche Weise ihr ganzes Leben lang widmet", sagte Luckow.

Zu sehen sind 113 Werke aus allen Schaffensperioden, angefangen von dem frühen "Selbstporträt" (1945) über die realistischen Bilder der 70er Jahre bis zu einem der aktuellsten Werke "Vom Tod gezeichnet" (2011); darunter sind auch noch nie gezeigte Arbeiten aus ihrem Atelier. "Körperbewusstseinsmalerei" - so nennt Lassnig ihre Selbstbildnisse, Porträts und Stillleben, in denen sie körperliche Empfindungen darstellt. "Es ist sicher, ich male und zeichne nicht den Gegenstand Körper, sondern ich male Empfindungen vom Körper", erklärte die Künstlerin einst in einem Interview.

Einordnen lassen sich Lassnigs Arbeiten schwer. Zeitlebens bewegte sich die gebürtige Kärntnerin auf ganz eigenen Pfaden malend und zeichnend und sogar als Trickfilmerin zwischen informeller Abstraktion und Surrealismus durch die Kunstwelt. Beeinflusst von vielen, aber immer ihren eigenen Stil verfolgend. "Ihre Bilder zeigen ein bohrendes Verlangen nach einem ehrlichen, authentischen Menschenbild", sagte Luckow. Dabei wiesen ihre Bilder sowohl kunstgeschichtliche als auch persönliche Bezüge auf.

Geboren 1919 im österreichischen Ort Kappel, begann Lassnig 1941 ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Diese musste sie allerdings zwei Jahre später wieder verlassen, weil die Nazis ihre Bilder als "entartete Kunst" einstuften. 1951 fand die Künstlerin Anschluss an die "Hundsgruppe" der Jungen Wilden um Arnulf Rainer. Ende der 1960er zog sie nach New York, doch auch dort wurden ihre Arbeiten als "strange" und "morbide" abgelehnt. Nach ihrer Rückkehr 1980 nach Wien übernahm sie als erste Frau im deutschsprachigen Raum eine Professur für Malerei.

Ihr ganzes Leben widmete Lassnig der Kunst - und verzichtete dafür auf eine Ehe und Kinder. "Es gab immer Frauen, die wollten alles haben. Ehe, Kinder, Ruhm, alles. Aber das geht nicht. Man konnte schon froh sein, wenn man nur die Kunst hat, in meiner Zeit wenigstens. Jetzt gibt's ja all die Männer, die kochen...", sagte sie mit 89 Jahren in einem Interview.

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