Populärer Streetart-Künstler Ein Diebstahl im Namen von Banksy in Paris?

Paris · Ein Dieb behauptet, das Werk die „Ratte mit Cuttermesser“ des populären Streetart-Künstlers Banksy vor dem Centre Pompidou in Paris in dessen Auftrag gestohlen zu haben.

 Das Centre Pompidou in Paris (Archivfoto).

Das Centre Pompidou in Paris (Archivfoto).

Foto: dpa/Horacio Villalobos

Banksy ist eines der großen Mysterien der aktuellen Kunstwelt. Seine Darstellung des britischen Parlaments als Ansammlung von Affen ist ein pointierter Kommentar zum Brexit. Und das Schreddern eines seiner sündhaft teuren Werke während einer laufenden Auktion kann als spektakuläre Kritik am Kunstmarkt gesehen werden – was seinen Ruhm als unangepasster Rebell natürlich noch mehrte.

Nun hat der Streetart-Künstler, dessen Identität als eines der großen Geheimnisse der Sprayer-Szene gilt, der Kunstwelt ein neues Rätsel aufgegeben. Ausgangspunkt ist der 2. September 2019, als in Paris ein Banksy-Werk vor dem Centre Pompidou über Nacht verschwindet. Diebe hatten die „Ratte mit Cuttermesser“ aus einem Verkehrsschild vor der Tiefgarage des Kunsttempels geschnitten, das der britische Künstler einige Monate zuvor dort hinterlassen hatte. Die Aufregung war groß, weshalb die französische Polizei fieberhaft nach den Dieben suchte, die bei der Tat reichlich dilettantisch vorgegangen sind. Schon wenige Wochen nach dem Kunstraub verfolgen die Beamten eine heiße Spur, zwei Männer werden festgenommen, die Täter verhört – und dann nimmt die Sache eine überraschende Wendung. Einer der beiden Räuber gibt zu Protokoll, Banksy selbst habe ihn mit dem Diebstahl beauftragt.

Alles nur ein PR-Coup?

Ist das die Ausrede eines kleinen Gauners? War alles nur ein PR-Coup von Banksy? Oder steckt mehr dahinter? Tatsache ist: Diebe hatten zuvor ein Banksy-Werk am Musik-Club Bataclan gestohlen, das der Künstler dort zu ehren der Oper des Terroranschlages von 2015 gesprüht hatte. Die Vermutung steht im Raum, dass sich Banksy danach entschlossen hat, seine Werke in Paris zu „sichern“.

Aber wie passt das zum erklärten Credo des Graffiti-Stars: „Copyright is for losers“? Banksy hat bisher zu keiner Zeit irgendwelche rechtlichen Schritte gegen Leute angestrengt, die seine Graffitis übersprüht, beschädigt oder gestohlen haben. Streetart ist eine Kunst im öffentlichen Raum, die nach deren Entstehen allen gehört.

Diese Ausgangssituation macht die Rechtslage auch im Fall des Diebstahls der „Ratte mit Cuttermesser“ in Paris kompliziert. Streng genommen gehört das Werk niemandem. Aus diesem Grund hat sich das Centre Pompidou einst bei der Polizei auch nicht wegen eines Kunstraubes gemeldet, sondern wegen der Beschädigung des Verkehrsschildes, auf das das Graffiti gesprüht war.

Banksys Werke immer häufiger kopiert

Allerdings scheint es Banksy langsam zu stören, dass seine Werke immer häufiger kopiert oder von geschäftstüchtigen Leuten vermarktet werden. Das Problem allerdings ist, dass der anonyme Künstler kaum ist der Lage ist, sein geistiges Eigentum zu schützen. Er könnte zwar über das Urheberrecht die Plagiatoren verklagen, doch dazu müsste er in einem sehr komplexen Rechtsstreit wahrscheinlich seine Identität preisgeben. Damit würde er aber seinen Nimbus und gleichzeitig die eigene Geschäftsgrundlage zerstören. Also geht er einen anderen, etwas umständlicheren Weg und versucht sich offensichtlich die Markenrechte an seinen Werken zu sichern.

Das erklärt, weshalb die von ihm ins Leben gerufene Firma „Pest Control“ vor einigen Monaten unter dem Titel „Gross Domestic Product“ einen Online-Shop eröffnete. Über die Internetseite konnten „Einrichtungsgegenstände“ gekauft werden, die auf Werken von Banksy basierten. Kurz darauf sorgte in Croydon, im Süden von London, einen Pop-Up-Store für Furore. Im Schaufenster zu sehen waren Gegenstände mit Werken von Banksy darauf. Großer Nachteil: Betreten werden konnte das Geschäft nicht.

Diese überaus komplexen Hintergründe interessieren den ertappten Dieb der „Ratte mit Cuttermesser“ in Paris im Moment allerdings herzlich wenig. Er versucht, seine abenteuerliche Version der Geschichte der französischen Polizei zu beweisen, dass er im Auftrag von Banksy gehandelt hat. Sein Anwalt erklärte, sein Mandant arbeite daran, eine offizielle Erklärung des weltbekannten Streetart-Künstlers zu bekommen, sozusagen eine Diebstahl-Auftragsbestätigung.

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