Ältester Mensch der Welt Emma Morano: 116 Jahre, 3 Jahrhunderte und 2 Eier

Rom · Der älteste Mensch der Welt lebt in Norditalien und ist eine zierliche Dame mit eisernem Willen. Emma Morano hat in drei Jahrhunderten gelebt, zwei Weltkriege und elf Päpste überdauert. Ihr Geheimnis: rohe Eier und etwas selbstgebrannter Grappa.

 Emma Morano ist die älteste Frau der Welt. In ihrem Apartment zeigt sie ein Bild von ihr aus früheren Jahren.

Emma Morano ist die älteste Frau der Welt. In ihrem Apartment zeigt sie ein Bild von ihr aus früheren Jahren.

Foto: dpa

Als Emma Martina Luigia Morano geboren wurde, lebte Giuseppe Verdi noch. Opel hatte gerade das erste Automobil gebaut und dem italienischen Radiopionier Guglielmo Marconi war es kurz zuvor gelungen, eine drahtlose Telegrafenverbindung über den Ärmelkanal herzustellen. Es war der 29. November 1899, 15 Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Leo XIII. war Papst - einer von elf, die Morano bis heute erlebt hat. Franziskus hat ihr im vergangenen Jahr zum Geburtstag sogar seinen Segen aus dem Vatikan geschickt. Seit Donnerstag ist die 116-Jährige wohl der älteste Mensch der Welt - und der einzige, der noch im 19. Jahrhundert geboren wurde.

Die kleine Emma hatte als erstes von später acht Geschwistern im piemontesischen Örtchen Civiasco das Licht der Welt erblickt. Die Eltern Giovanni und Matilde stammten ursprünglich aus der Schweiz. Noch als Jugendliche zog sie mit der Familie ins Ossolatal, arbeitete später in einer Fabrik, die Jutesäcke herstellte. Aber der Staub bei der Arbeit tat ihren Lungen nicht gut, also entschied sie, fortan am Lago Maggiore zu leben, im Ort Pallanza - und dort wohnt die zierliche alte Dame noch heute.

Als ein Arzt ihr einst wegen ihrer Blutarmut empfahl, jeden Tag drei rohe Eier zu essen, nahm sie sich diesen Ratschlag zu Herzen. Erst vor wenigen Jahren hat sie die Zahl auf zwei reduziert. Das macht insgesamt rund unglaubliche 109 000 Eier in den vergangenen 100 Jahren. Zusätzlich nimmt die Seniorin täglich etwas Hackfleisch und Gemüsebrühe zu sich, eine Banane, selbstgebrannten Grappa zum Verdauen und, wenn es ihr der Hausarzt erlaubt, als Höhepunkt des Tages ein Gianduiotto - eine typische italienische Nusspraline.

„Es geht mir gut“, erklärte sie, als ihr mitgeteilt wurde, dass sie nun der älteste Mensch auf dem Planeten ist. Zuvor war die nur wenige Monate vor ihr geborene Amerikanerin Susannah Mushatt Jones in einem Seniorenheim in New York gestorben. Ein Heim, für Morano wäre das nichts. Sie hat stets auf ihre Selbstständigkeit beharrt und wird in ihrer Wohnung von Verwandten, Nachbarn und seit ihrem 115. Geburtstag auch von einer Altenpflegerin versorgt. „Ich bekomme oft Besuch, ich bin nie allein“, wurde sie von der Nachrichtenagentur Ansa zitiert.

Das Meer hat Signora Morano nur ein Mal gesehen, damals in Genua. In Rom war sie nie. Denn als sie jung war, herrschten andere Zeiten, Reisen waren teuer, schwierig und langwierig. Zudem folgten gleich mehrere Schicksalsschläge.

Als junge Frau verliebte sich die umgarnte Emma in einen Gebirgsjäger, der im Ersten Weltkrieg an die Front gerufen wurde. „Er ist nicht mehr zurückgekommen, er ist gestorben“, erzählte sie später. „Da musste ich einen anderen heiraten.“ Das war 1926, aber der Ehemann entpuppte sich als gewalttätig, er schlug Morano. 1937 wurde sie Mutter, jedoch starb der kleine Angelo nach wenigen Monaten. Da nahm Morano all ihren Mut zusammen und verließ im Jahr 1938 ihren Mann - wohl als eine der ersten Frauen in Italien überhaupt. Scheidungen waren vom Gesetz nicht vorgesehen, und selbst Trennungen waren eine Rarität.

Danach hat sich Morano nie wieder binden wollen, obwohl es an Anwärtern nicht gefehlt habe. „Ich wollte von niemandem mehr herumkommandiert werden“, sagte sie einmal der „New York Times“. Auch Kinder bekam sie keine mehr.

„Ich bin zufrieden mit dem Leben, das ich gelebt habe“, betont sie. Die schönste Zeit sei ihre Jugend gewesen, „da habe ich viel Walzer getanzt.“ Ob es letztlich die Eier, der Grappa oder etwas ganz anderes ist, das Emma Morano ein so langes Leben beschert hat, das ist wissenschaftlich nicht zu belegen. Experten glauben, dass das Geheimnis weniger durch Essgewohnheiten als vielmehr genetisch zu erklären ist. Das könnte im Fall Morano stimmen: Ihre Mutter, eine Tante und mehrere Schwestern wurden über 90 Jahre alt, eine Schwester starb mit 103 Jahren. (dpa)

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