Reinhold Messner wird 70 Er hat den Yeti gesehen und dem Tod ins Auge geblickt

Treffen sich zwei Yetis am Mount Everest. Sagt der eine: "Du, ich habe gestern den Messner gesehen!" - "Wie, den gibt es wirklich?" Seit knapp 30 Jahren muss der Bergsteiger Reinhold Messner damit leben, dass die Menschheit nicht nur seine hochalpinen Rekorde würdigt - es kursiert auch zumindest dieser eine Witz über ihn.

Messner hatte 1986 bei einer Expedition im Himalaya die Umrisse eines großen Tieres ausgemacht und später dessen Fußspuren untersucht. Der Südtiroler glich seine Beobachtungen mit den lokalen Legenden im Osten Tibets ab: In den Erzählungen existiert der Schneemensch Yeti.

Messner erforschte das Fabelwesen. 1998 erschien sein Buch "Yeti - Legende und Wirklichkeit". Erkenntnis: Der Yeti ist identisch mit dem Tibetanischen Braunbären. Zwölf Jahre dauerten Messners Recherchen zum Buch. Ein Witz ist schneller erzählt.

Beharrlichkeit ist ein Wesenszug dieses Bergsteigers. Reinhold Messner kommt am 17. September 1944 in Brixen (Südtirol) zur Welt. Mit acht Geschwistern wächst er auf, bereits als Kind klettert er in den heimischen Dolomiten. Messner studiert Vermessungskunde in Padua, arbeitet als Mathematiklehrer. Doch seine Leidenschaft gehört dem Bergsteigen. Dabei grenzt er sich von den Gipfelstürmern der alten Schule ab.

Ihn stört der heroische Habitus, auch technisch sucht er neue Wege: "Ich war immer der Meinung, dass Bergsteigen keinen Sinn mehr macht, wenn wir alle technischen Hilfsmittel einsetzen", sagte Messner in einem Interview mit dem General-Anzeiger, das anlässlich seiner Multimediashow "Leben am Limit" in Bad Godesberg geführt wurde.

Messner setzt seine Philosophie um. Ohne Flaschensauerstoff besteigt er von 1970 bis 1986 als erster Mensch alle 14 Achttausender der Erde. Weitere Rekorde folgen: Er unternimmt 100 Erstbegehungen, durchquert die größten Eis- und Sandwüsten der Welt. Seine Grenzerfahrungen vergoldet er: Messners Bücher erreichen hohe Auflagen, Lesungen und Shows sind bestens besucht.

Messner hat den Yeti gesehen und mehrmals dem Tod ins Auge geblickt. "Am Kangchendzönga 1982 gab es auf 8000 Metern einen gefährlichen Moment, als ich völlig apathisch war", sagt er im GA-Interview. "Und 1970 am Nanga Parbat befand ich mich zwischen Sterben und Leben."

Der Nanga Parbat ist sein Schicksalsberg: Die Erstbesteigung gelingt ihm zusammen mit seinem Bruder, doch beim Abstieg stürzt Günther Messner tödlich ab.

Expeditionsteilnehmer erheben Vorwürfe unter anderem wegen unterlassener Hilfeleistung. 2005 bestätigt sich durch den Fundort des Bruders Reinhold Messners Version der Ereignisse. "Ich habe mit dem Thema abgeschlossen und werde nie wieder dazu eine Stellungnahme abgeben", sagt Messner im GA-Gespräch: "Jede Stellungnahme wertet die Leute auf, die sich damals vergaloppiert haben in der Absicht, mir meine Glaubwürdigkeit nehmen. Es ging nicht um den Tod meines Bruders. Niemand lässt seinen eigenen Bruder im Stich, um eine Spinnerei zu verfolgen."

Reinhold Messner lebt mit seiner Familie auf der Burg Juval im Vinschgau und eröffnet regelmäßig ein neues Messner Mountain Museum (MMM). Fünf gibt es bereits. Auf Juval stehen mystische Berge im Mittelpunkt, auf Schloss Bruneck geht es um Bergvölker. Kritiker werfen Messner vor, sich selbst zu inszenieren.

Mitunter übt sich der Südtiroler in Bescheidenheit. Die Bezeichnung "Bester Bergsteiger aller Zeiten" hält er für "eine Übertreibung. Ich war zu meiner Zeit recht erfolgreich, aber ich hatte auch viel Glück und gute Partner."

Und was ist er heute, mit 70 Jahren? "Ein älterer Herr - ungeschickt, nicht mehr so ausdauernd." Trotzdem ruft immer noch irgendwo ein Berg: "In meinem Alter sind Sechstausender heute so aufregend wie damals die Achttausender." Gesagt, bestiegen: Unlängst drehte Messner im nordindischen Karakorum-Gebirge auf 6000 Metern eine Filmdokumentation. Was treibt ihn an? "Ich bin ein Geschichtenerzähler - ein Barde, der viel erlebt hat, nach Hause kommt und einfach nur erzählt."

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