Nach Corona-Pause Erste Fitnessstudios in NRW sind wieder offen

Köln · Die Corona-Pandemie hat manch mühsam aufgebauten Muskelberg mit Erschlaffung bedroht. Die Fitnessstudios mussten schließen, doch nun dürfen die ersten wieder öffnen. Die Kette McFit in Köln macht daraus ein Event mitten in der Nacht.

 In NRW haben nach ihrer Corona-Pause in der Nacht zu Montag die ersten Fitnessstudios wiedereröffnet.

In NRW haben nach ihrer Corona-Pause in der Nacht zu Montag die ersten Fitnessstudios wiedereröffnet.

Foto: dpa/Marius Becker

Es ist kurz nach Mitternacht, Geisterstunde, als der Karosserieinstandhaltungstechniker Hassib Pektas seinen Bizeps anspannt. Er hat den beeindruckenden Umfang einer kleinen Honigmelone. Der 25-Jährige hat ihn in den vergangenen Wochen, die keine leichten waren für Menschen mit seinem Hobby, sorgsam gepflegt. „Ich habe die ganze Zeit, in der es zu war, trotzdem weiter trainiert“, sagt er. „Zu“ - damit meint er das Fitnessstudio. Nun hat es wieder geöffnet, seit 10 Minuten. Und Pektas ist da, weil es doch etwas anderes ist, als nur zu Hause Gewichte zu stemmen. Er klettert aus einem Gerät, das sich Brustpresse nennt. „Das war zum Warmmachen.“

Während die meisten Deutschen in der Nacht zu Montag friedlich schlafen und den Kuchen vom Muttertag verdauen, hat für andere eine ersehnte Quälerei wieder begonnen. Die Fitnessstudios in Nordrhein-Westfalen dürfen nach ihrer Corona-Pause am Montag wieder öffnen. Das Land hat den Weg dafür freigemacht, allerdings unter strengen Auflagen. Zwischen den genutzten Geräten muss genügend Abstand sein, Duschen bleiben beispielsweise geschlossen.

Kuriose Szenen im McFit-Studio in Köln-Kalk

Das Studio in dem Muskelberg Pektas trainiert, gehört in besonderer Weise dazu. Es ist ein McFit-Studio im Kölner Stadtteil Kalk, und die 24-Stunden-Kette lässt an ihren NRW-Standorten um 0.01 Uhr die ersten Sportler wieder an die Geräte. Der erlösende Begleitton war schon zuvor gesetzt worden: „Nordrhein-Westfalen wird als erstes Bundesland von der schmerzhaften Schließung der Fitnessstudios befreit.“

Für Leute, die mit Fitness nicht so viel am Hut haben, mögen die Szenen, die sich hier abspielen, kaum verständlich sein. Sie sind auch damit zu erklären, dass die Kette unter den ersten 100 Besuchern eine Reise zum „Muscle Beach“ nach Los Angeles verlost. Es ist dunkel und windig, als sich eine Reihe von mehr als 100 Leuten bildet, um in das Studio gelassen zu werden. Und das in Kalk - ein eher raues Pflaster. „Home-Workouts waren schön und gut“, sagt einer aus der Reihe, Marcel Schroeder. „Aber es ist nicht dasselbe wie mit einer Hantelstange.“

Innen steht McFit-Sprecher Pierre Geisensetter, den man aus einem früheren Leben noch als Moderator von „Herzblatt“ kennt. Zudem hat er beim „RTL Promi-Boxen“ einst Schauspieler Claude-Oliver Rudolph vermöbelt. „Für uns ist das im Grunde kein Event“, sagt er. „Sondern ein Willkommenheißen unserer Mitglieder.“ Für viele Leute sei das Fitnessstudio ein zweites Zuhause.

Schaut man sich um, ist dieser Eindruck nicht ganz von der Hand zu weisen. Manche gehen zuerst aufs Laufband, obwohl man ja denken könnte, dass es zum Laufen doch einige Gelegenheiten gab - draußen. Vor allem der Freihantelbereich füllt sich schnell, viele Sportler schnaufen unter Mund-Nasen-Masken. Nicht wenige tragen sie, obwohl es nicht zwingend vorgeschrieben ist. Wohl aber Abstand. Und zu voll darf es auch nicht werden. Einige - soweit beurteilbar unter Masken - ernst dreinblickende Security-Mitarbeiter regulieren den Zugang.

150 Trainierende in den frühen Morgenstunden

Etwa 150 Menschen trainieren in den frühen Morgenstunden. „Dass so viele gekommen sind, ist für uns ein großartiges Zeichen, dass die Menschen hungrig nach Training sind“, sagte McFit-Gründer Rainer Schaller, der auch gekommen ist. „Wichtig ist, dass die Auflagen, die die Politik uns vorgibt, umgesetzt werden.“ Schon in der Schlange habe man aufgepasst, dass die Abstände eingehalten werden. Das Ordnungsamt, das eben da gewesen sei, sei „sehr zufrieden“ gewesen.

Die publikumswirksame Aktion mitsamt Reise-Gewinnspiel stößt draußen allerdings nicht nur auf positive Resonanz. „Ich finde diese PR-Aktion von McFit sehr fragwürdig. Sie setzt ganz klar das falsche Signal“, sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Es entstehe der Eindruck, die Pandemie sei bereits überwunden - und das bei einer jungen Zielgruppe. „Wir brauchen aber die Vorsicht und die Zurückhaltung und die Abstandseinhaltung genau dieser Generation, die hier angesprochen wird.“

An die Fitnessstudios habe er allerdings „bei der Reihenfolge der Öffnungen“ auch eher zuletzt gedacht, gibt Lauterbach zu. Das Wetter werde ja besser. „Man kann ohne Verlust an Lebensqualität und auch an Trainingseffekt im Freien oder auch zu Hause trainieren“, sagt er. „Wie es viele Leute ja auch getan haben.“

(dpa)
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