Sonntags im Siegburger "Casbah" Fans gucken "Tatort" gemeinsam

SIEGBURG · Den Tatort am Sonntagabend zu schauen, ist für viele ein lieb gewonnenes Ritual. Fast nichts kann wichtiger sein, als gemütlich vom Sofa aus den Kommissaren bei der Arbeit zuzusehen.

Sie mögen die Spannung (von links): Linda Schmitz, Annabel Larisch, Susanna Schmidt und Sonja Lehmann raten an ihrem "Tussi-Tisch" im "Casbah" bei jedem Tatort mit.

Sie mögen die Spannung (von links): Linda Schmitz, Annabel Larisch, Susanna Schmidt und Sonja Lehmann raten an ihrem "Tussi-Tisch" im "Casbah" bei jedem Tatort mit.

Foto: Paul Kieras

Aber warum soll man das Vergnügen nicht mit Gleichgesinnten teilen, fragte sich Alexander Knörck, der bei einem Hamburg-Besuch vor drei Jahren feststellte, dass man das auch dort gedacht hat und seitdem in einigen Kneipen sonntags der Fernseher läuft. Der passionierte Tatort-Gucker war begeistert und wollte das "Rudelgucken" auch in Siegburg etablieren.

Als der 36-Jährige diesen Sommer als Barchef im "Casbah" am Markt angestellt wurde, stieß er bei den Lokalbesitzern Mario Parisi und Lukas Yiannakis mit seiner Idee auf offene Ohren. Seit September und bis zur Wiederaufnahme der Außengastronomie laufen Tatort und Polizeiruf 110 im Restaurant auf Großleinwand.

Um die Spannung zu erhöhen, gibt es etwas zu gewinnen. Wer innerhalb der ersten 45 Minuten den Täter errät und bei Knörck seinen Tipp auf einem vorher ausgegebenen Zettel abliefert, hat die Chance auf einen Abend "mit Essen und Getränken aufs Haus" erklärt der Barchef, der auch als Schiedsrichter fungiert. Bei gleichen Tipps hat derjenige gewonnen, der zuerst den richtigen Riecher hatte.

Wer kann sich über einen kostenlosen Verzehr freuen, wenn der Täter in den ersten 45 Minuten noch gar nicht auftaucht oder sonst etwas Unvorhergesehenes passiert? Auch dafür hat der Spielleiter hinter dem Tresen eine Lösung. "Bisher hat immer jemand gewonnen, wir finden da einen Weg, der allen gerecht wird."

Richtig interessant ist die Veranstaltungsreihe für Langzeit-Spürnasen. Denn jeder Tagessieger wird in einer Tippliste geführt, der erfolgreichste Hobby-Kommissar erhält zum Saisonende einen Preis. Den will sich auch jedes der Mädels am "Tussi-Tisch" verdienen. Immer wieder sonntags verfolgen bis zu sechs Freundinnen gemeinsam an dem von ihnen selbst so benannten Tisch die Krimiserie.

Für sie sei das eine schöne Gelegenheit, zusammen etwas zu machen und nicht alleine gucken zu müssen, erzählen Annabel Larisch und Susanna Schmidt, die heute mit Sonja Lehmann und Linda Schmitz den Mord möglichst schnell lösen wollen. Sie bereiten sich akribisch auf jeden Fall vor. Im Internet informieren sich die jungen Frauen vorher über Handlung, Schauspieler sowie Namen und spekulieren über eventuelle Anhaltspunkte. Als Linda bereits um 20.23 Uhr ihren Zettel abgibt, grübeln die anderen noch oder haben überhaupt keine Idee.

Wie kommt der aktuelle Film bei ihnen an? "Essen super, Tatort nicht", lautet die knappe Antwort von Sonja, während die anderen den Film zum Ende hin doch ganz spannend finden. Und es ist so eine Situation eingetreten, in der Knörck ein salomonisches Urteil fällen muss. Denn es gibt zwei Tote, aber nur einen Mord. Freuen darf sich die schnelle Linda, die jetzt ebenso wie Annabel und Susanna mit einem Tagessieg auf der Tippliste auftaucht. Möglich ist bis zum Finale noch alles, denn der führende Sonntagabend-Kriminalist hat gerade einmal zwei Täter während des Essens überführt.

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