Schattenseiten des Sommers Fischsterben, Niedrigwasser und Ernteausfall

Offenbach/Athen · Sonne satt! Doch darüber freut sich nicht jeder. Die Dauerhitze setzt der Natur erheblich zu. Fische sind bedroht, die Schifffahrt ist eingeschränkt, Waldbrände lodern, Ernteausfälle könnten für den Verbraucher teuer werden. Und die Rekordwerte kommen erst noch.

Nach tagelanger Dauerhitze zeigt der Sommer zunehmend seine Schattenseiten: Der Wasserstand etlicher Gewässer ist so niedrig, das die Schifffahrt eingeschränkt ist.

Am Rhein wird wegen der hohen Wassertemperaturen ein großes Fischsterben befürchtet; Waldbrände bedrohen Mensch und Tier. Und die sonnige Hitzewelle rollt weiter über Deutschland hinweg. Für Donnerstag und Freitag erwartete der Deutsche Wetterdienst (DWD) bis zu 39 Grad Celsius - das wäre ein Rekord für 2018.

Besonders heiß werde es am Freitag im Westen Deutschlands, teilten die Meteorologen am Donnerstag in Offenbach mit. Im Osten und Südosten steigen die Temperaturen demnach auf 29 bis 34 Grad. Dort können sich auch einzelne Hitzegewitter entladen, örtlich sogar mit Starkregen, Sturmböen und Hagel. Am Samstag macht sich dann in Deutschland der Ausläufer eines Tiefs bemerkbar und der kann Wolken, Schauer und teils kräftige, örtlich auch unwetterartige Gewitter mit sich bringen, insbesondere im Westen und Norden. Nur der Osten und Nordosten bleiben demnach zunächst weitgehend verschont - am Sonntag soll es dann auch dort gewittern. Die neue Woche startet voraussichtlich so, wie die vergangene endet: heiß.

Das heißt weiterhin Hochbetrieb in Freibädern, an Stränden und Badeseen; das heißt aber auch Stress für die Umwelt. Nach Expertenmeinung ist ein tausendfaches Fischsterben am Rhein kaum noch abzuwenden. "Ich rechne schon nächste Woche mit der Tragödie", sagte der Geschäftsführer des schweizerischen Fischereiverbandes, Philipp Sicher. Der Rhein habe westlich des Bodensees schon 25 Grad Wassertemperatur. 27 Grad sei für die Fische tödlich. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Rheinland-Pfalz forderte einen sofortigen Stopp der Einleitungen von Abwärme der Industrie in den Rhein, "um größere ökologische Schäden zu verhindern".

In vielen Regionen Deutschlands - besonders im Norden und Osten - herrscht höchste Waldbrandgefahr. In der Nähe des Autobahndreiecks Potsdam gingen am Donnerstag rund 90 Hektar Kiefernwald in Flammen auf. Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot an und bat Bewohner des Ortes Fichtenwalde, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Dort leben rund 2800 Einwohner. Die Polizei sperrte die Autobahn A9 von Berlin nach Leipzig - eine wichtige Route nach Süden und damit für viele Reisende in den Sommerurlaub. Autofahrer sollten die Region weiträumig umfahren, sagte ein Sprecher. Auch auf dem Berliner Ring und auf der A2 von Magdeburg nach Berlin könne es zu Behinderungen kommen. Über der Autobahn war eine große Rauchsäule zu sehen, wie ein Polizeibild aus einem Hubschrauber zeigte.

In zahlreichen stehenden Gewässern trüben Algen den Badespaß. In Seen Mecklenburg-Vorpommerns und Hessen sind teilweise Blaualgen gewachsen; sie verursachen Haut- und Schleimhautreizungen. In der Müritz wurden zudem Zerkarien nachgewiesen. Die Larven von Saugwürmern können zu juckenden Hautirritationen führen.

Vor allem kleinere und mittlere Gewässer führen wegen der lang andauernden Trockenheit Niedrigwasser - und auf einigen Wasserstraßen führt das bereits zu Einschränkungen der Schifffahrt. Auf dem Oberrhein können Frachter nur noch die Hälfte oder weniger der normalen Ladung transportieren, sagte der Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Mannheim, Jörg Vogel. Statt mit 3000 Tonnen oder mehr würden viele Schiffe jetzt nur mit 1500 Tonnen beladen. Für die Schiffseigner gebe es in dieser Situation etwas mehr Geld, für die, die Waren transportieren wollen, werde es aber deutlich teurer.

Teurer wird es auch für Hobbygärtner, denn die wochenlange Hitzeperiode trifft auch die Baumschulen. Sowohl Gehölze im Boden als auch die Aufzucht in Töpfen im Freiland leiden unter der andauernden Trockenheit, berichtete der Bund deutscher Baumschulen nach einer Umfrage unter seinen Mitgliedern. Betroffen sei eine Fläche von etwa 20 000 Hektar. Die Schäden führten zeitweise zu einem knapperen Angebot, außerdem kämen höhere Personalkosten für die Bewässerung und Energiekosten für die Wasserpumpen hinzu.

Die Verbraucher dürften sich auch bei zahlreichen Lebensmitteln auf höhere Preise einstellen. So haben Trockenheit und Hitze für erhebliche Ernteausfälle bei Wintergetreide und Raps gesorgt, sagte die thüringische Agrarministerin Birgit Keller (Linke) am Donnerstag. Bauernverbände hatten in den vergangenen Tagen bereits Hitze-Hilfen vom Staat gefordert.

Auf zahlreichen Autobahnen führt aufgeplatzter Asphalt zu Verkehrsproblemen. Auf der Autobahn A81 beispielsweise wurde wegen Hitzeschäden ein zeitweises Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde verhängt.

In Griechenland sind die Brände, die bewohnte Gebiete bedrohen könnten, mittlerweile unter Kontrolle oder gelöscht. Die Zahl der Todesopfer nach den verheerenden Bränden rund um Athen am Montag steigt aber weiter, weil immer mehr Leichen gefunden werden. Mindestens 82 Menschen kamen in den Feuern ums Leben. Die Zahl der Vermissten wurde am Donnerstag auf 30 geschätzt. In London macht die Luftverschmutzung den Menschen zu schaffen: Hitze und kaum Wind hätten die ohnehin starke Luftverschmutzung noch verschlimmert, hieß es von den Behörden. Kinder, Senioren und Menschen mit Lungen- oder Herzproblemen sollten sich nicht körperlich anstrengen.

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