Geisterflieger über der Ostsee Mit Flugzeug abgestürzte Familie hat viele Verbindungen in die Region

Köln/Wachtberg · Nach dem Absturz eines Kleinflugzeugs in der Ostsee sind noch viele Fragen offen. An Bord saß der Kölner Unternehmer und Karnevalist Peter Griesemann mit seiner Familie. Diese erwarb 2021 das Areal des Dreilindenhofs in Wachtberg.

 Diese Cessna 551 ist am Sonntag über der Ostsee abgestürzt.

Diese Cessna 551 ist am Sonntag über der Ostsee abgestürzt.

Foto: Markus Schmoll

Von einem „Geisterflieger“ ist am Sonntag in ersten Meldungen die Rede, als ein Privatflugzeug offenbar führerlos quer durch Europa fliegt. Die Cessna 551 fliegt noch über die Ostsee und stützt dann vor der Küste Lettlands ins Meer. Am Montag verlagert sich die Geschichte des rätselhaften Flugs ins Rheinland und schockt den Kölner Karneval: An Bord des Flugzeugs war der Kölner Unternehmer und Karnevalist Peter Griesemann mit seiner Frau und seiner Tochter. Griesemann soll das Flugzeug geflogen haben. Auch der Lebensgefährte der Tochter soll dabei gewesen. Die Familie hätte am Abend eigentlich am Flughafen Köln/Bonn landen sollen.

Auch wenn von der Familie noch jede Spur fehlt, gibt es keine Hoffnung mehr, sie lebend bergen zu können. In der Nacht zu Montag wurden nur das Wrack und Trümmerteile des Flugzeugs entdeckt, wie das lettische Seerettungskoordinationszentrum mitteilte.

Familie wollte ihr Vorstellung eines Reitstalls in Wachtberg-Niederbachem verwirklichen

Im Fokus der Öffentlichkeit stand die Familie Griesemann zuletzt im Mai 2021. Damals erwarb sie für einen siebenstelligen Betrag über das Auktionshaus Sotheby’s das weitläufige Areal des Dreilindenhofs in der Höhenlage Wachtberg-Niederbachems von Baron Edouard de Rothschild. Auf der rund 20 Hektar umfassenden Reitanlage mit 16 Pferdeeinstellplätzen wollten Lisa Griesemann und ihr Lebensgefährte Paul Völlmer ihre Vorstellungen eines Reitstalls verwirklichen.

Der Schwerpunkt des Umgangs mit dem Pferd sollte zwar auf dem Leistungssport, nicht aber auf dem Hochleistungssport liegen, erläuterte die seinerzeit 23-jährige Controllerin mit Bachelor- und Masterabschluss in Elektrotechnik und Management. Weil das Wohl des Tiers mit umfangreicher Reitstallausstattung gepflegt und im Zentrum der Bemühungen stehen sollte, sollten die zwölf freien Boxen handverlesen vergeben werden. Vier Boxen waren für die eigenen vier Pferde vorgesehen. Lisa Griesemanns und Paul Völlmers Wunsch entsprechend sollte die persönliche Haltung zur Pferdehaltung- und Pflege der Einsteller mit denen der Eigentümerfamilie harmonieren.

Um das Vorhaben selbst in die Praxis umzusetzen, zog das Paar in das zentral auf dem Gelände liegende große Wohnhaus. Man habe in der kurzen Zeit ein sehr gutes nachbarschaftliches Verhältnis entwickelt, sagte Dirk Schneider vom Broichhof, einem alteingesessenen Reiterhof auf dem Rodderberg in Wachtberg-Niederbachem. Man habe sich ausgetauscht und einander gelegentlich geholfen. Deshalb haben er und sein Sohn Karl Schneider Unterstützung angeboten, falls sie auf dem Dreilindenhof benötigt werde. „Wir sind alle zutiefst erschüttert. Das ist eine Tragödie“, sagte Dirk Schneider.

Familie wollte nach Köln/Bonn fliegen

Die Familie wollte am Sonntag vom andalusischen Flughafen Jerez de la Frontera nach Köln/Bonn fliegen. Medienberichten zufolge hat sie dort ein Ferienhaus an der Küste. Nach Angaben von Behörden in verschiedenen europäischen Ländern änderte die Cessna 551 auf dem Weg nach Köln aus unbekanntem Grund den Kurs. „Schon im französischen Luftraum wurde das Flugzeug von einer Alarmrotte begleitet, ein deutscher Eurofighter hat dann übernommen“, sagte ein Sprecher der Luftwaffe unserer Redaktion. Eine Alarmrotte besteht üblicherweise aus zwei Eurofightern. Sie steigen auf, wenn ein Flugzeug nicht per Funk zu erreichen ist, um die Situation zu klären. Ein Eurofighter setzt sich dann neben das Cockpit des Fliegers und versucht, Kontakt herzustellen. Dies geschieht mittels international standardisierter Sichtzeichen der Crews untereinander, wie der Sprecher der Luftwaffe erklärt.

Schon in Frankreich konnten die Kampfpiloten aber niemanden im Cockpit sehen. Möglicherweise waren die Insassen bereits zu diesem Zeitpunkt bewusstlos. Ein Experte für Luftsicherheit, Hans Kjäll, sagte einer schwedischen Nachrichtenagentur, Druckprobleme könnten dazu geführt haben, dass die Passagiere das Bewusstsein verloren hätten. Gerade in Höhen, in denen Kleinflugzeuge unterwegs seien, könne dies schnell passieren. „Das Flugzeug flog auf einer Linie durch den Luftraum, der Pilot wird den Autopilot eingeschaltet haben“, sagte der Sprecher der Luftwaffe. Im dänischen und schwedischen Luftraum übernahmen andere Kampfflugzeuge die Begleitung. Solange die Option besteht, dass jemand in der Kabine aktiv werden und eingreifen könnte, können die Eurofighter nichts weiter tun als das Flugzeug zu begleiten. Im Fall der Cessna 551 kam es schließlich zum Absturz, als der Treibstoff ausging.

Christoph Kuckelkorn, Präsident des Kölner Festkomitees, teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Ich bin fassungslos über den plötzlichen Tod von Peter Griesemann, seiner Frau und Tochter, mein tiefes Mitgefühl gilt der Familie. Peter hat über Jahrzehnte viel in der Stadt bewegt, als Unternehmer und als Karnevalist.“ Griesemann habe die Blauen Funken als langjähriger Präsident in ein neues Zeitalter geführt. Im Festkomitee war der 72-Jährige in den vergangenen fünf Jahren Aufsichtsratsvorsitzender. „Peter hatte nicht nur Sachverstand und Unternehmergeist, er hatte auch viel Herz für die Menschen und den Fastelovend“, sagte Kuckelkorn. „Der Karneval und auch ich persönlich verlieren in ihm einen wertvollen Ratgeber und einen treuen Freund.“ In den sozialen Netzwerken äußerten Karnevalsbands wie „Cat Ballou“ oder die „Funky Marys“ ihre Betroffenheit. Auch Moderator Guido Cantz reagierte mit einem „RIP“ auf ein Foto von Peter Griesemann. Für die Untersuchung des Unglücks sind die lettischen Behörden zuständig.

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