Freispruch für Angeklagten im Niklas-Prozess

Bonn · Die Aufklärung der tödlichen Prügelattacke auf den Schüler Niklas steht nahezu wieder am Anfang. Das Landgericht Bonn spricht den Angeklagten von dem Vorwurf frei, den 17-Jährigen angegriffen zu haben. Für eine andere Tat wird der 21-Jährige dagegen verurteilt.

 Ein Kreuz mit der Aufschrift "Niklas" und Kerzen.

Ein Kreuz mit der Aufschrift "Niklas" und Kerzen.

Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv

Im Zweifel für den Angeklagten: Das Landgericht Bonn hat den Beschuldigten im Fall des zu Tode geprügelten Schülers Niklas freigesprochen. Dem Angeklagten sei nicht nachzuweisen, dass er den 17-Jährigen geschlagen und getreten habe, sagte Richter Volker Kunkel am Mittwoch bei der Urteilsbegründung. "Deshalb gibt es nur ein Ergebnis: Freispruch." Dagegen verurteilte die Kammer den 21-Jährigen im Zusammenhang mit einer ganz anderen Schlägerei wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer achtmonatigen Jugendstrafe. Da er jedoch fast ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen hatte, konnte der Angeklagte das Gericht als freier Mann verlassen.

Der Tod des 17-jährigen Niklas hatte bundesweit für Bestürzung gesorgt. Nach dem Freispruch des Beschuldigten bleibt der Fall nun vorerst ungeklärt. "Wir können nicht beweisen, dass er geschlagen hat und dass er am Tatort war", sagte Kunkel. Es gebe vielmehr Anhaltspunkte, dass der Angeklagte die Tat tatsächlich nicht begangen habe.

So habe keiner der zahlreichen Zeugen den Beschuldigten zuverlässig als Täter identifizieren können. Viele hatten während des Prozesses angegeben, sie könnten sich nicht richtig erinnern oder hätten die eigentliche Tat nicht beobachtet. Eine Jacke mit Blutspuren von Niklas, die bei dem 21-Jährigen gefunden wurde, könnte auch erst nach der Tat in dessen Besitz gelangt sein - so wie vom Angeklagten angegeben, erklärte Kunkel. Und dass der junge Mann kein sicheres Alibi für die Tatzeit habe, lasse nicht den Umkehrschluss zu, dass er der Täter sei. "Wir haben Zweifel an seiner Täterschaft. Und die sind im Laufe der Hauptverhandlung eher größer geworden."

Niklas, der zuletzt in Bad Breisig in Rheinland-Pfalz wohnte, war im Mai 2016 im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf offener Straße mit einem Schlag gegen die Schläfe niedergestreckt worden. Anschließend wurde ihm gegen den Kopf getreten. Er starb wenige Tage später im Krankenhaus.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung hatten in ihren Plädoyers im Kernvorwurf einen Freispruch für den Angeklagten gefordert. Die Beweisaufnahme habe nicht zweifelsfrei ergeben, dass der 21-Jährige Niklas in der Tatnacht attackiert habe. Es komme auch ein anderer Mann als Täter in Betracht. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der Beschuldigte hatte die Tat von Anfang an bestritten.

Den anderen Mann hatte die Staatsanwaltschaft zuletzt ebenfalls als Beschuldigten in dem Fall geführt. Man wolle das Urteil abwarten und dann prüfen, ob es neue Ermittlungsansätze gebe, hieß es vor der Entscheidung bei der Behörde.

Niklas' Mutter zeigte sich am Mittwoch dagegen von der Täterschaft des 21-Jährigen überzeugt. Das sagte ihr Anwalt kurz vor der Urteilsverkündung. Seit dem Angriff auf ihren Sohn vor rund einem Jahr sei sie "durch die Hölle gegangen".

Zu der achtmonatigen Jugendstrafe wurde der Angeklagte wegen einer anderen Schlägerei verurteilt, die in dem Prozess nur eine Nebenrolle gespielt hatte. Der 21-Jährige hatte seine Beteiligung daran auch eingeräumt. Das Gericht hob den Haftbefehl gegen den Mann auf. Für die Zeit, die er über die acht Monate hinaus in U-Haft verbrachte, stehe ihm laut Gesetz Haftentschädigung zu.

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