Händels Oper "Almira" nach Hamburg zurückgekehrt

Hamburg · Mit "Almira" hat die Hamburger Staatsoper Händels frühen Opern-Erstling musikalisch glanzvoll an seinen Uraufführungsort zurückgeholt. Das überschäumende Frühwerk des gerade neunzehnjährigen Barock-Genies wurde mit kräftigem Premierenbeifall bedacht.

 Sara-Maria Saalmann als Tabarco (l) und Robin Johannsen als Almira. Foto: Georg Wendt

Sara-Maria Saalmann als Tabarco (l) und Robin Johannsen als Almira. Foto: Georg Wendt

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Händel war blutjung, als er als Geiger an die deutsche Opern-Hochburg Hamburg kam. Ein Glücksfall für ihn, dass der dort allmächtige Kapellmeister und Komponist Reinhard Keiser einen anderweitig lukrativen Auftrag bekam und ihm das Libretto für "Almira" überließ.

Ein verwirrendes Intrigen-Spiel um Liebe, Macht und rasende Eifersucht am kastilischen Königshof. Händel zauberte daraus 1705 ein Vier-Stunden-Opus mit rauschenden Arien, Festzügen und Balletten. Das Husarenstück war sein Entree in den Opern-Olymp.

In Hamburg hat man "Almira" bisher zweimal auf die Bühne gebracht, in freilich grotesk verballhornten Kurzfassungen. Erst jetzt aber präsentierte der Barock-Experte Alessandro De Marchi das bezwingende Frühwerk in seiner einzig überlieferten, von Telemann bearbeiteten Form (das Original ging verloren), gestattete sich dabei jedoch improvisatorische Freiheiten. So schleuste er Händels berühmte Arie "Lascia ch`io pianga" aus dem Londoner "Rinaldo" in die Inszenierung ein, jene Pathos-Arie, die auf der gravitätisch wehenden Sarabande der "Almira" beruht.

"Lascia ch`io pianga" (Lass mich mein grausam Los beweinen) diente denn auch der Hamburger Neuschau als Leitmotiv, das sich vielsagend bereits in Ben Baurs streng stilisiertem Bühnenbild niederschlug. Einer eindrucksvoll hohen, kreisenden, labyrinthischen Palast-Konstruktion, in der die holländische Regisseurin Jetske Mijnssen die frisch gekrönte kastilische Königin Almira im Kampf gegen den höfischen Kodex und eine machtgierige Entourage wie im Kerker gefesselt zeigte.

Starres höfisches Zeremoniell prägte alle Gesten und Gänge, Posen und Posituren. Aber das Zeremoniöse lähmte auch. Selbst die anmutigen weiblichen Amor-Figuren oder der flotte Wechsel der Kostüme von der Renaissance bis ins Heute konnten den Spannungsverlust wettmachen. Erst nach der Pause nahm das Drama der gefährlichen Liebschaften mit Almiras wachsendem emanzipatorischen Zorn über die Zwangsheirat und den drohenden Verlust des Geliebten leidenschaftlicher Fahrt auf.

Da schien auch De Marchi seinen feinsinnig virtuosen Musikern freieren Lauf zu lassen. Händels ja keineswegs nur forsch hingeworfene Arien-Flut gewann kräftigere Kontur. Donnernde Pauken, eine superb klagende Oboe, schmeichelnde Geigen- und Flöten-Soli machten zusätzlich Effekt. "Almira" gleich ein Meisterwerk zu nennen, wäre freilich gewagt: Allein das Libretto strotzt vor barocken Schablonen. Doch immer wieder überrascht die explosive Ausdruckskraft, der scharfe Biss und die Farblust des jungen Opern-Debütanten, vor allem in den furiosen Sopran-Arien.

Es war denn auch die große Stunde der beiden Nebenbuhlerinnen Almira und Edilia, die Robin Johannsen in der Titelrolle und die stimmlich noch berückendere Mélissa Petit mit prachtvollen Koloratur-Kaskaden und sprühender Emotionalität vorführten. Manuel Günther als Osman und Viktor Rud als Fernando boten gekonnt Paroli. Allein Wolf Matthias Friedrich kitzelte auch Händels Witz aus der Rolle des Alten Consalvo.

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