Sektenanführer erwartet Strafmaß Heilsbringer und Vergewaltiger wird in Indien verurteilt

Panchukla · Der Guru mit der Vorliebe für glitzernden Schmuck, dicke Motorräder und extravagante Kleider zählt in Indien nicht nur Politiker, Schauspieler und berühmte Kricketspieler zu seinen Gefolgsleuten.

 Große Pose: Gurmeet Ram Rahim Singh (Mitte) vor der Premiere eines seiner Filme im Jahr 2016.

Große Pose: Gurmeet Ram Rahim Singh (Mitte) vor der Premiere eines seiner Filme im Jahr 2016.

Foto: AP

Millionen von Anhängern des 50-jährigen Gurmeet Ram Rahim Singh schmücken sich mit einem gemeinsamen Nachnamen. Sie nennen sich „Insan“ (Mensch), um die traditionellen, auf Kastenherkunft hinweisenden Nachnamen zu umgehen.

An diesem Montag wird ein indisches Gericht dem Guru nach einem Schuldspruch wegen der Vergewaltigung von zwei Frauen im Jahr 2002 das Strafmaß verkünden. Lange glaubte der „Gottesmann“ Rahim Singh, er stünde in seinem Paralleluniversum über dem Gesetz.

In den weitläufigen Anlagen seiner Dera Sacha Sauda („Sekte des wahren Geschäfts“) haben Fenster die Form von menschlichen Ohren, sind die Wände türkisfarben, sehen Wassertanks aus wie Obst und schillern in allen möglichen und unmöglichen Farben. Die architektonischen Kitschfantasien des „Guru of Bling“ (Glitter-Guru) entsprechen dem Lebensstil des Mannes, der im Alter von 23 Jahren die Führung seiner Sekte übernahm und seither „vernünftige Mäßigung“ predigt.

Ram Rahim präsentiert sich in Anlehnung an Bollywood in billigen, selbst finanzierten Filmen als Bekämpfer des Bösen. Einmal ist der Guru als muskelbepackter Biker zu bewundern, der mit furiosem Tempo durch die Lüfte braust. Ein anderes Mal geriert er sich als Lord Vishnu, eine der wichtigsten Gottheiten des Hinduismus.

Massenhochzeit und Kastrationen

Singh verstand es während der vergangenen Jahrzehnte, sich eine gewaltige Gefolgschaft unter mittellosen und armen Indern aufzubauen. Im Zeitalter wachsender Ungleichheit verspricht er Respekt und predigt ein Leben als Vegetarier. Seine Sekte unterhält Wohltätigkeitsorganisationen und wirbt für Blut-, Augen- und Leichenspenden. Der Gottesmann wähnt sich ermächtigt, das Sexualleben seiner Anhänger zu regulieren. Im Jahr 2010 organisierte er eine Massenheirat, bei der 1000 angeblich Freiwillige Prostituierte zur Frau nahmen. Homosexuelle werden aufgefordert, ihr Verhalten zu ändern – und müssen beim Eintritt in die Sekte eine entsprechende Erklärung unterzeichnen. Der „Bote Gottes“ soll sogar einmal 400 Anhänger aufgefordert haben, sich kastrieren zu lassen. Der Guru wollte den Eunuchen ein Leben „näher bei Gott“ ermöglichen.

Mag sein, dass der eigene Sexualtrieb, der Gurmeet Ram Rahim Singh nun vor einer Gefängnisstrafe zittern lässt, ihm das eigene Laster überdeutlich vor Augen geführt hatte. Die Anhänger des Gurus glauben fest an die Unschuld ihres Führers. Nach dem Schuldspruch randalierten sie in vielen Teilen Indiens. 37 Tote und 250 Verletzte waren die Folge. Indische Sicherheitskräfte geleiteten am Sonntag viele Gefolgsleute aus dem Hauptquartier der Sekte.

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