Sylt und der Schrecken des Neun-Euro-Tickets Invasion der Festlandprolls
Bonn · Die Bahn, so will es die Politik, macht das Fahren billiger. Doch das Neun-Euro-Ticket birgt Tücken, findet man auf Sylt. Was dahinter steckt, ergründet unser Autor mit allem gebotenem Unernst.
Sie werden jetzt nicht gleich in putativer Notwehr den Hindenburgdamm sprengen. Aber besorgt sind sie auf Sylt dann doch. Ungemach droht seitens der Bahn. Die kann nun auch nichts dafür, dass sie mit dem Neun-Euro-Ticket vom 1. Juni an auf regionalen Strecken jählings erschwinglich wird, könnte aber so einen gewissen Reiz fürs Massenpublikum entfalten. Und da im Namen der Nordseeinsel stets ein Versprechen auf einen Hauch von oberklassiger Weltläufigkeit mitschwingt, könnte nun der politisch erwünschte Preisverfall auf dem Schienenweg, so fürchten Marketingverantwortliche, den gewöhnlichen Festlandproll zum Besuch auf das Eiland locken. Das wäre ja vielleicht zu verschmerzen, führte er denn eine glühfähige Kreditkarte mit sich. Aber einfach so mal nur zum Gucken und auf ein paar Dosenbier?
Nun teilte sich die Sorge der Insulaner medial in erschreckender Geschwindigkeit einer breiteren Öffentlichkeit mit, und die befeuerte umgehend die albtraumhaften Ängste der Alteingesessenen. In den einschlägigen sozialen Medien häuften sich Hinweise auf eine drohende Invasion der Unterprivilegierten, die nicht nur ohnedies stressgeplagten Pendlern ihren Sitzplatz in der chronisch überfüllten Bahn, sondern ruhebedürftigen Reichen auch noch ihren Platz an der Düne, vielleicht aber auch nur beim Gosch streitig machen. Und wenn dann erst am Ellenbogen der Einsatz selbiger erforderlich werden sollte, geht vielleicht die Hochkultur baden, aber doch nicht mehr der Wohlsituierte.
Das, so prophezeien es die finstersten Bildcollagen im Netz, wäre der Verteidigungsfall. Sylt muss sich nun als standhaft erweisen. Ganze drei Monate lang. Dann steigen die Ticketpreise wieder.