"Jeckes"-Museum: Hommage an deutsche Einwanderer

Tefen · Es klingt ungewöhnlich: Ein Museum über die Geschichte deutsch-jüdischer Einwanderer in Israel, das auf Bilder aus Konzentrationslagern und auf Erzählungen der Überlebenden der Nazi-Gräuel völlig verzichtet.

 Ruthi Ofek ist Kuratorin der "Jeckes"-Ausstellung in Israel. Foto: Michael Saurer

Ruthi Ofek ist Kuratorin der "Jeckes"-Ausstellung in Israel. Foto: Michael Saurer

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Ruthi Ofek lacht. "Es stimmt, wir behandeln die Zeit vor 1938 und die Zeit nach 1945, für alles dazwischen gibt es ja schon so viele Museen und Gedenkstätten", sagt die Kuratorin des Jeckes-Museums in Tefen, einem Industriepark im Norden Israels.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. In der Tat ist die Shoa, wie der Holocaust in Israel genannt wird, in jedem der Räume, in fast jedem Exponat auf die eine oder andere Weise präsent. "Wir wollen dieses Thema symbolisch aufarbeiten", sagt Ofek und zeigt auf eine überdimensionale Karte über dem Eingangsbereich. Es ist eine Darstellung der deutschen Eisenbahnverbindungen während der Nazi-Zeit. Eine einfache Karte, die ein wenig an ein Spinnennetz erinnert. Und doch kommt einem augenblicklich in den Sinn, was in diesen Zügen auch geschehen ist, wohin manche Strecken führten.

Doch mehr noch als das Grauen der Vergangenheit, soll das Jeckes-Museum die frohen Seiten der deutsch-jüdischen Einwanderungsgeschichte darstellen. Und das nicht, weil Jecke ein wenig nach Kölschem Karneval klingt. Jecke wurden die deutschsprachigen Einwanderer von den bereits in Israel lebenden Juden genannt. Zunächst durchaus etwas abwertend. Übertriebene Ordnungsliebe und Gründlichkeit wurde ihnen nachgesagt. Und ein unbändiger Fleiß und der Wille, das Land aus dem Nichts aufzubauen. "Wir wollen hier die Leistungen dieser Menschen darstellen", so Ofek, die selbst in Salzburg geboren wurde und beide Großväter im Konzentrationslager Dachau verloren hat.

Wie einfach die Menschen direkt nach ihrer Ankunft lebten, zeigt eine Wellblechhütte inmitten des Museums. In einer solchen haben ganze Familien nach ihrer Ankunft zunächst gehaust. Ein kleines Bett, auf dem mehrere Menschen schlafen mussten, ein Tisch und ein Schrank. Vielleicht zehn Quadratmeter groß. Wohncontainer würde man das heute nennen und menschenwürdige Bedingungen anmahnen. Tatsächlich war es aber für zehntausende Jeckes der Start in ein neues Leben in einem Land, das ihnen fremd war, dessen Sprache sie oft nicht sprachen - in dem sie aber wenigstens willkommen waren und nicht um ihr Leben fürchten mussten.

Und trotz der einfachen Gegebenheiten und der schwierigen Rahmenbedingungen, packten die Jeckes an. Der Gründer des Museums ist selbst das beste Beispiel hierfür. Stef Wertheimer, im südbadischen Kippenheim geboren, ist selbst als Elfjähriger kurz vor dem Krieg mit seinen Eltern nach Tel Aviv geflohen. Ohne ein Wort Hebräisch zu sprechen, ging er sein Schicksal an, gründete mit Iscar eine eigene Firma, die heute als Werkzeughersteller ein Weltkonzern ist und Wertheimer zu einem der reichsten Männer des Landes machte. Für mehrere Milliarden US-Dollar verkaufte er den Konzern an den US-Investor Warren Buffet. Das Gründen von Museen ist heute eine seiner vielen Nebenbeschäftigungen geworden.

Es sind solche Lebensgeschichten, die im Jeckes-Museum museal aufgearbeitet werden. Durch Tagebucheinträge, Urkunden, Bilder und ein umfangreiches Archiv, das für Historiker eine Goldgrube ist. In Sonderausstellungen werden bestimmte Themen näher beleuchtet. Vor kurzem wurde eine Ausstellung eröffnet, die sich mit dem aus Berlin stammenden Maler Hermann Struck (1876-1944) beschäftigt. Er war ein glühender Nationalist, der voller Leidenschaft für sein Land im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte, ehe er in den 1920er Jahren nach Palästina emigrierte. Rückblickend wirkt sein deutscher Nationalismus tragisch.

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Museum in Tefen

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