Missbrauchsprozess in Köln Priester U. wird nach Zeugenaussage im Gericht verhaftet

Köln · Der wegen Missbrauchs angeklagte katholische Priester U. des Erzbistums Köln ist in Untersuchungshaft. Der Priester, dem auch sexueller Missbrauch in einem Pfarrhaus in Alfter vorgeworfen wird, war im Gerichtssaal festgenommen worden.

 Der angeklagte Priester beim Prozessauftakt im vergangenen November.

Der angeklagte Priester beim Prozessauftakt im vergangenen November.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte 70-jährige katholische Pfarrer U. sitzt seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Der Angeklagte sei während der Verhandlung noch im Gerichtssaal verhaftet und in die Justizvollzugsanstalt gebracht worden, teilte das Landgericht Köln am Freitag mit. Nach Einschätzung der Strafkammer bestehe Wiederholungsgefahr (AZ: 102 KLs 17/20). Das habe sich aus den Aussagen weiterer möglicher Opfer ergeben, die von Übergriffen bis ins Jahr 2019 berichtet hätten.

Dem Theologen U. wird sexueller Missbrauch von drei seiner Nichten vorgeworfen, die zum möglichen Tatzeitpunkt zwischen sieben und 13 Jahren alt waren. Die Taten soll er zwischen 1993 und 1999 verübt haben. Während des seit November laufenden Prozesses wurden nach Angaben des Gerichts weitere mögliche Opfer ermittelt, die von möglichen sexuellen Übergriffen des Angeklagten berichtet hätten. Da es teilweise um Vorkommnisse aus der jüngeren Vergangenheit gehe, sehe das Gericht Wiederholungsgefahr und habe den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet.

Frau berichtet von schwerem sexuellen Missbrauch in Alfterer Pfarrhaus

Im Dezember sagte die Pflegetochter des Angeklagten im Prozess aus und berichtete davon, dass sie um 1979 herum von ihm schwer sexuell missbraucht worden sein soll. Dies soll in einem Pfarrhaus in Alfter passiert sein. Die Pflegetochter soll nach eigenen Angaben zweimal von dem früheren Pfarrer U. schwanger geworden sein – das erste Mal im Alter von 15 oder 16 Jahren. U. habe sie dann zu einem Frauenarzt gebracht, der einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen habe. Mit 18 Jahren sei sie dann erneut schwanger geworden und habe sich selbst für einen Abbruch entschieden.

Ob die zuletzt ans Licht gekommenen möglichen weiteren Übergriffe in das laufende Verfahren mit einbezogen werden können, steht nach Gerichtsangaben noch nicht fest. Am Donnerstag hatte der frühere Offizial des Kölner Erzbistums, Günter Assenmacher, vor Gericht erneut eine Mitverantwortung in dem Fall bestritten. Zuvor war der Hamburger Erzbischof Stefan Heße am 18. Januar als Zeuge in seiner Funktion als ehemaliger Personalverantwortlicher des Erzbistums geladen worden. Damit hat erstmals ein katholischer Bischof vor einem deutschen Gericht in einem Missbrauchsprozess ausgesagt.

(epd/ga)
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