Bürgermeister muss ins Gefängnis Marbella, die korrupteste Stadt Spaniens

MARBELLA · "Ohne Schmiergeld keine Baugenehmigung." Nach dieser Devise wurde jahrelang in der berühmten südspanischen Badestadt Marbella an der Costa del Sol, der Sonnenküste, regiert. Zwei Jahrzehnte funktionierte dies gut, die Bestechungsgelder flossen reichlich.

 Der Jachthafen Puerto Banús in Marbella ist ein Treffpunkt der Reichen und Schönen. Für die dicht an dicht liegenden Jachten müssen horrende Liegegebühren bezahlt werden.

Der Jachthafen Puerto Banús in Marbella ist ein Treffpunkt der Reichen und Schönen. Für die dicht an dicht liegenden Jachten müssen horrende Liegegebühren bezahlt werden.

Foto: dpa

Und in der Mittelmeerstadt, die lange Zeit als Oase der Schönen und der Millionäre aus aller Welt galt, wurde auf Teufel komm raus gebaut - auch dort, wo es eigentlich gar nicht erlaubt war.

Marbella erwarb den zweifelhaften Ruf, die korrupteste Stadt Spaniens zu sein. Wo gewissermaßen das Prinzip des Handaufhaltens, welches im ganzen Königreich verbreitet ist, bis zur Perfektion entwickelt wurde. Die Stadt, in der Öl-Scheichs, Hollywood-Stars und russische Mafia-Bosse mit Geldkoffern anreisten, Luxusvillen kauften und rauschende Feste feierten, wurde zum Paradies der Vetternwirtschaft. Jener Pest, welche in Spanien höchste Institutionen, viele Politiker, Unternehmer und sogar das Königshaus ansteckte und ins Zwielicht rückte.

Gerade wurde wieder einmal mit diesen unseligen Zeiten abgerechnet: Ein Gericht schickte den früheren Bürgermeister Julian Munoz, der von 2002 bis 2003 in Marbella regierte, sieben Jahre ins Gefängnis. Ihm drohen in weiteren Verfahren, die noch laufen, zusätzliche Haftstrafen. Etwa im Mega-Korruptionsfall "Malaya", wo Munoz zusammen mit seiner Nachfolgerin Marisol Yagüe, die bis 2006 Bürgermeisterin war, wegen der Plünderung der städtischen Konten ebenfalls auf der Anklagebank sitzt. Übrigens begleitet von drei Dutzend weiteren Beschuldigten, darunter mehr als 20 frühere Lokalpolitiker und Spitzenbeamte der Stadt.

Munoz' berüchtigter Vorgänger Jesus Gil y Gil, der von 1991 bis 2002 in Marbella wie in Fürst herrschte und dort das Prinzip der Selbstbedienung etablierte, konnte nicht mehr abgeurteilt werden, weil er im Jahr 2004 starb. "Das Gesetz bin ich", lautete der Leitspruch des Baulöwen Gil y Gil, der wie kaum ein anderer geschäftliche mit politischen Interessen zu verquicken wusste.

Dabei half ihm sein Berater Juan Antonio Roca, der als heimlicher Strippenzieher der städtischen Mafia in Marbella galt und deswegen schon länger hinter Gittern sitzt. Annähernd eine halbe Milliarde Euro illegaler Gelder sollen in die Taschen von Gil, Roca, Munoz und Co geflossen sein.

"Ich bin unschuldig", beteuerte Ex-Bürgermeister Julian Munoz, der Millionen illegaler Gelder in die Schweiz umgeleitet haben soll. Auch seine frühere Lebensgefährtin Isabel Pantoja, ganz nebenbei Spaniens berühmteste Schlagersängerin, wollte von nichts gewusst haben. Keine Ahnung von "Mülltüten voller Geldscheine", welche Munoz zuweilen mit nach Hause gebracht haben soll. Und von Geldwäsche über Scheinfirmen und in Finanzparadiesen. Die Richter glaubten der betagten Schlager-Diva, welche mit Hits wie "Völlig Liebe" berühmt wurde, nicht. Sie kam aber als "Helferin" und "Mitwisserin" mit zwei Jahren auf Bewährung davon.

Wie weit die Selbstbedienungsmentalität in Spanien verbreitet ist, signalisieren jene Ermittlungsverfahren, welche derzeit im ganzen Land laufen. Sogar Königstochter Cristina und ihr Ehemann Inaki Urdangarin werden beschuldigt, Steuergelder veruntreut zu haben. Spitzenpolitiker aus Spaniens konservativer Regierungspartei samt Ministerpräsident Mariano Rajoy stehen unter Verdacht, sich aus einer dubiosen Schwarzgeld-Parteikasse bedient zu haben. Hohe Repräsentanten der sozialistischen Opposition und der Gewerkschaften sollen sich wiederum bei Arbeitsfördergeldern zugegriffen haben.

Kein Wunder, dass die Spanier den Glauben an ihre Repräsentanten verloren haben. Das Ansehen von Parteien, Politkern und dem Königshaus ist Umfragen zufolge auf einem historischen Tiefpunkt. Und die "politische Korruption" gilt vielen als größtes Hindernis, um endlich aus der tiefen spanischen Krise mit Massenarbeitslosigkeit, wachsender Armut und staatlichem Schuldenberg zu entkommen.

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