Stimme von „Star Wars“-Held auf ukrainischer Warn-App „Möge die Macht mit dir sein“

Ukraine · Bei allem Leid versuchen es die Ukrainer mit Humor. Wenn wieder Angriffe aus der Luft drohen, folgen sie Anweisungen von Luke Skywalker. Hollywood-Star Mark Hamill will damit auf seine Art den „heroischen“ Kampf der Menschen in dem Land unterstützen.

 „Star Wars“-Held Mark Hamill alias Luke Skywalker leiht einer ukrainischen Warn-App gegen Luftangriffen seine Stimme.

„Star Wars“-Held Mark Hamill alias Luke Skywalker leiht einer ukrainischen Warn-App gegen Luftangriffen seine Stimme.

Foto: Jordan Strauss/Invision/AP/Jordan Strauss

„Achtung, Luftalarm“, sagt eine tiefe Männerstimme, mit der vollen Würde des Jedi-Ritters Luke Skywalker. „Gehe zum nächstgelegenen Schutzraum.“ Hollywood-Star Mark Hamill spricht auf einer ukrainischen Warn-App. Es ist ein surrealer Moment in einem für viele Ukrainer ohnehin schon surrealen Krieg. Der Hauch von Hollywood ändert zwar nichts an der schrecklichen Lage – doch zumindest für „Star-Wars“-Fans wird sie dadurch womöglich erträglicher. „Sei nicht leichtsinnig“, sagt die Stimme weiter. „Deine Selbstüberschätzung ist deine Schwäche.“

„Air Alert“ heißt eine ukrainische App, die mit dem Luftverteidigungssystem des von Russland angegriffenen Landes verbunden ist. Wenn Sirenen vor russischen Raketen oder Drohnen warnen, wird auch die App aktiv. Und US-Schauspieler Hamill, der einst durch seine Rolle als Luke Skywalker berühmt wurde, hat sich bewusst entschieden, der App seine Stimme zu geben.

Er bewundere, wie die Ukraine „eine solche Widerstandsfähigkeit gezeigt“ habe, „unter solch furchtbaren Umständen“, sagt Hamill. Der Kampf gegen die russischen Invasoren erinnere ihn tatsächlich auch an die „Star-Wars“-Saga, in der mutige Rebellen ein großes, mörderisches Imperium bekämpften und es schließlich besiegten. Die Mitwirkung an der englischsprachigen Version der Luftalarm-App sei seine Art, vom fernen Kalifornien aus einen kleinen Beitrag zu leisten.

Hamills Stimme warnt und macht Mut

„Eine Geschichte von Gut gegen Böse schwingt mit bei dem, was in der Ukraine gerade passiert“, sagt der Hollywood-Star im Interview der Nachrichtenagentur AP. „Wie sich das ukrainische Volk für die Sache einsetzt und so heroisch reagiert (...) Es ist unmöglich, sich nicht davon inspiriert zu fühlen, wie sie sich diesem Sturm entgegengestellt haben.“

Wenn die Gefahr durch Raketen und Drohnen nach Einschätzung der ukrainischen Behörden zunächst vorbei ist, verkündet Hamills Stimme über die App, „der Luftalarm ist vorbei“. Abschließend hören Nutzer der App von dem Schauspieler noch das fast schon legendäre „Star-Wars“-Zitat „Möge die Macht mit dir sein“.

Parallel setzt sich der Kalifornier noch mit weiteren Aktionen für die Ukraine ein. So sammelt er etwa Spenden für den Kauf von Aufklärungsdrohnen und signiert Poster mit „Star-Wars“-Motiven, die dann verlost werden. „Hier sitze ich ganz bequem in meinem Haus, während es in der Ukraine zu Stromausfällen und Nahrungsengpässen kommt und die Leute wirklich leiden“, sagt er der AP. „Es motiviert mich, so viel zu tun, wie ich kann.“

„Star Wars“-Fans ziehen englischen Version mit Hamill vor

Obwohl es die App „Air Alert“ auch auf Ukrainisch gibt, mit einer weiblichen Stimme, ziehen es einige Nutzer vor, sich bei drohender Gefahr auf Englisch von Hamill warnen zu lassen. An den schlimmsten Tagen ertönen die Sirenen und die App-Meldungen alle paar Stunden – bei Tag wie bei Nacht. In manchen Fällen stellen sich die Warnungen zwar als Fehlalarme heraus. Doch oft genug erweist sich die Gefahr als real und am Ende sogar als tödlich.

Bohdan Swonyk lebt im westukrainischen Lwiw. Die Stadt liegt zwar weit von der eigentlichen Front entfernt, wurde aber trotzdem schon oft von Raketen getroffen. Der 24-Jährige hat „Air Alert“ heruntergeladen und die Version mit der Stimme von Hamill gewählt. Er wolle versuchen, seine Englischkenntnisse zu verbessern, sagt er. Außerdem sei er „Star-Wars“-Fan. Und „darüber hinaus“, fügt er hinzu, „können wir ein bisschen von der Macht, die uns Hamill wünscht, gut gebrauchen“.

Bei einer Gelegenheit sei die App-Warnung ertönt, als er gerade mit einem Stadtbus unterwegs gewesen sei, berichtet Swonyk. Dabei sei Hamills Stimme auch für andere Fahrgäste zu hören gewesen. Ein vor ihm sitzender Mann habe sich zu ihm umgedreht und mit einem Lächeln gesagt: „Oh, diese verdammten Sith.“ Die Sith sind in der „Star-Wars“-Saga die bösen Widersacher der für das Gute stehenden Jedi – gemeint waren in der Situation aber natürlich die russischen Truppen.

Humor der Warn-App-Idee gibt Ukrainern Kraft

Die in Kiew lebende Olena Jeremina sagt, das von Hamill vorgetragene „Möge die Macht mit dir sein“ habe sie beim ersten Mal zum Lachen gebracht. „Es ist ein sehr cooler Satz in dieser Lage“, sagt die 38-Jährige. „Ich würde zwar nicht sagen, dass ich mich wie ein ukrainischer Jedi fühle“, betont sie. Aber der Humor gebe ihr Kraft und helfe ihr dabei, weiter zu arbeiten.

Ajax Systems, ein ukrainischer Hersteller von Sicherheitssystemen, der die App mitentwickelt hat, hofft, dass die Einbindung der Stimme des berühmten Schauspielers zu Downloads auch außerhalb der Ukraine führen wird und dass so auch vielen Menschen im Ausland ein Gefühl für das von den russischen Luftangriffen verursachte Leid vermittelt werden kann. „Mit dem Ansatz von Mark wird es nicht ganz so erschreckend sein“, sagt Walentine Hryzenko, Marketing-Chef des Unternehmens. Aber durch die Häufigkeit der Warnmeldungen werde man wohl trotzdem „irgendwie den Kontext verstehen“.

Laut Hryzenko ist „Air Alert“ bereits mehr als 14 Millionen Mal heruntergeladen worden. „Für Star-Wars-Fans klingt es echt fantastisch“, sagt er. Und „es gehört ein Stück weit zur ukrainischen Mentalität, auch in einer schlechten Situation den Humor zu behalten und zu versuchen, trotz allem positiv zu bleiben“.

Hamill selbst zeigt sich erfreut, dass die Einbindung seiner Stimme in die App gut angenommen wird. „Es inspiriert Menschen“, sagt er über die damit verbundenen Anspielungen auf die berühmte Science-Fiction-Geschichte. „Jeder fühlt sich sofort, als wäre er wieder sechs Jahre alt. Und wenn der Film Menschen dabei helfen kann, harte Zeiten zu durchstehen, umso besser.“

(dpa/ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
„Er macht sich etwas vor“
Bericht über Frust bei Wolodymyr Selenkyj „Er macht sich etwas vor“
Aus dem Ressort
Das Schreien der Tomaten
Schmerzempfindliches Gemüse Das Schreien der Tomaten
Europäischer Schwenk
Kommentar zu Charles‘ Rede vor dem Bundestag Europäischer Schwenk