Humanoide Roboter Mein digitaler Freund

PARIS · Das französische Start-Up-Unternehmen Aldebaran entwickelt humanoide Roboter, die mit Menschen leben, ihnen dienen und künftig in Altersheimen eingesetzt werden sollen: Nicht als Ersatz für soziale Kontakte, aber als nützliche High-Tech-Butler.

 Pepper ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet.

Pepper ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet.

Klar hat er eine Lieblingsfarbe, sagt Pepper und blickt Aurore, die ihn danach gefragt hat, treuherzig aus seinen neongrünen Augen an. "Am liebsten mag ich Weiß: Das gibt mir das Gefühl, jeden Tag zu heiraten."

Eine passende Antwort – schließlich ist Peppers Roboter-Körper mit strahlendem Weiß ummantelt. An dieses Gespräch wird er sich bei der nächsten Begegnung ebenso erinnern wie an Aurores Stimme, die er mit Namen zu begrüßen weiß. Pepper lernt schnell, er kann auf seinen Rollen tanzen, den Wetterbericht vorlesen oder die Adresse eines Restaurants suchen – und das in 19 Sprachen. Weiß er nicht mehr weiter, sucht er im Internet.

"Es geht nicht darum, einen Ersatz für Menschen herzustellen. Pepper bleibt eine Maschine, auch wenn er eine Art digitaler Freund für unsere Kunden sein soll", stellt Aurore Chiquot klar. Als Pressesprecherin des französischen Start-Up-Unternehmens Aldebaran präsentiert sie in dessen Vorführraum im Pariser Vorort Issy-les-Moulineaux die Künste der drolligen "humanoiden", also dem Menschen nachempfundenen Roboter.

Schulklassen und Familien besuchen ihn, aber auch Forscher und Entwickler. Werden hier der 1,20 Meter große Pepper und sein Roboter-Kompagnon Nao, der nur die Hälfte misst, einem breiteren Publikum näher gebracht, dann nicht nur als amüsantes Spielzeug für Technologie-Freaks.

In naher Zukunft sollen sie den Menschen konkret nutzen, mit ihnen leben oder in Geschäften eingesetzt werden. Pepper ist ausgestattet mit Kameras und Sensoren, vor der Brust trägt er ein Tablet, auf dem beispielsweise Produkt-Informationen oder Rechenaufgaben stehen können.

"Das Tablet wird aber nicht wie ein Computer benutzt, denn die Idee ist ja, mit ihm zu sprechen", erklärt Chiquot. Auch Emotionen erkenne das drollige Kerlchen: Wenn sein Gegenüber schallend lacht, nimmt er gute Laune wahr – ein Runzeln mit den Augenbrauen bedeutet, dass es ein Problem gibt. "Ist der Mensch traurig, erzählt er einen Witz."
Ein Ersatz für soziale Beziehungen oder Arbeitskräfte seien Nao und Co nicht, versichert Aurore Chiquot.

"Während sie einfache Dinge erledigen, können sich die Menschen interessanteren Aufgaben widmen. Berufe von Programmierern bis zu Linguisten entwickeln sich." So habe Aldebaran, der Weltmarktführer bei humanoiden Robotern, in wenigen Jahren die Mitarbeiterzahl von zunächst 200 auf mehr als 450 weltweit mehr als verdoppelt.
Seit der Gründung des Unternehmens 2005 werden die Roboter und ihre Funktionen ständig weiterentwickelt. In den nächsten Jahren steht ihre Kommerzialisierung an.

Versuchsweise setzen sie Banken, Hotels und Geschäfte bereits für den Empfang von Kunden ein. In Japan wird Pepper für einen Preis ab 1500 Euro ab Sommer in Kombination mit einem Abonnement verkauft, ähnlich wie bei einem Handy. Dort nutzt ihn der Mobilfunkbetreiber Softbank Mobile, der Aldebaran 2011 zu 78,5 Prozent übernommen hat und seit März 95 Prozent hält, bereits in Filialen.

Mit Nao wiederum lernen auch in Europa Grundschulkinder mit ihm Farben oder Zahlen, während Universitäten ihn für Programmier-Seminare nutzen. Für die breite Öffentlichkeit zu kaufen gibt es ihn noch nicht.

"Mittelfristig wollen wir den Preis von Nao, der momentan bei 5000 Euro liegt, senken, um einen größeren Markt zu erschließen", erklärt Rodolphe Gelin, Forschungsdirektor bei Aldebaran. Die wichtigste Herausforderung bestehe darin, dass die Kunden die Roboter annehmen: "Sie sollen keine Angst machen, sondern nett und vertrauenserweckend wirken. Dafür müssen das Gespräch und die Interaktion flüssig sein."

Das Hauptprojekt, an dem Gelin arbeitet, besteht momentan noch in einer Plattform, an der Forscher und Wissenschaftler gemeinsam tüfteln: Das Projekt heißt Romeo und wird für den Einsatz in Altenheimen oder für die Pflege von Menschen mit Behinderung entwickelt. Der 1,40 Meter große Romeo kann schon ein Glas Wasser bringen und an die Einnahme von Medizin erinnern. Bald soll er auch einer Person aufhelfen, die gestürzt ist – wenn er dies erkannt hat.

"Für die Entwicklung arbeiten wir eng mit Ärzten zusammen, aber auch mit Versicherungsgesellschaften, um ein Finanzierungssystem aufzubauen", sagt Gelin. In Zeiten einer alternden Gesellschaft mit knapper werdender Zeit für das Pflegepersonal könne Romeo wichtige Zusatzdienste leisten – und als kommunikativer Geselle das Gefühl der Einsamkeit zumindest lindern.

Bereits jetzt werde der kleine Nao testweise in Altenheimen eingesetzt, mit deren Bewohnern er Denkaufgaben oder leichte Gymnastik macht. Als Haushaltshilfen dienen die Roboter allerdings nicht. "Nein – tut mir leid", schnarrt Pepper auf die Frage, ob er Geschirr spülen kann, zurück. Niemand ist perfekt – nicht einmal ein Roboter.

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