Mythen und Fakten Welchen Einfluss hat der Vollmond wirklich auf uns?
Bonn · Schlaf, Alkoholkonsum, Blutdruck oder den weiblichen Zyklus - all das soll der Vollmond beeinflussen, glauben einige. Aber welche dieser Vermutungen sind tatsächlich belegbar?
Um den Vollmond ranken sich seit jeher viele Mythen und Theorien: So glauben einige, jene Mondphase habe einen Einfluss auf Schlaf, Alkoholkonsum, Grundstimmung, Geburten oder den weiblichen Zyklus. Zwar ist das Verhalten mancher Tiere nachweislich vom Vollmond abhängig. Der Mondzyklus soll auch das Wachstum von Pflanzen beeinflussen. Aber der Tausende Jahre alte Glaube, dass der Erdmond auch einen Einfluss auf das Verhalten der Menschen haben könnte, hat die moderne Medizin bislang weitgehend bestritten. An manchen der uralten Theorien ist allerdings doch etwas Wahres dran, zeigen Studien.
Wie beeinflusst der Mond die Erde physisch?
Der Mond beeinflusst die Erde auf verschiedene Weise. Die erste und offensichtlichste ist das Licht, das je nach Stadium des Mondes stärker oder schwächer auf die Erde fällt: Alle 29,5 Tage ist Vollmond, und 14,8 Tage danach folgt Neumond.
Auch die magnetische Anziehungskraft des Mondes beeinflusst die Erde, indem sie die Gezeiten des Ozeans erzeugt: Alle 12,4 Stunden steigt und fällt das Wasser der Meere. Die Stärke der Gezeiten entspricht den zweiwöchigen Zyklen des Mondes: Erst werden sie zunehmend stärker und dann immer schwächer. Das hat mit der Anziehungskraft von Mond und Sonne zu tun und zusätzlich damit, wie nah der Mond gerade dem Erdäquator ist.
Schläft man bei Vollmond schlechter?
Dass man in Vollmondnächten schlechter schläft, ist ein alter Volksglaube - an dem aber tatsächlich etwas dran sein könnte. Man vermutet, dass durch das hellere Mondlicht weniger Melatonin im Körper produziert werden könnte. Dieses Hormon regelt den Rhythmus zwischen Schlaf- und Wachphasen. Wenn es dunkel ist, steigt die Konzentration des Hormons im Blut an, Licht hemmt die Produktion dagegen. Eine Studie von 2021 bestärkt diese Theorie: Bei den Probanden begann der Schlaf in den Nächten vor Vollmond später und war kürzer, wenn der Vollmond in den Stunden nach der Dämmerung am Himmel schien.
Gegen diese Theorie spricht, dass viele Menschen heutzutage durch Lichtverschmutzung viel weniger intensiv vom Mondlicht beeinflusst sind und ihr Schlafzimmer vor dem Schlafengehen ohnehin abdunkeln, aber trotzdem das Gefühl haben, bei Vollmond schlecht zu schlafen.
Auch eine Studie aus dem Jahr 2013 fand bei Probanden deutliche Änderungen im Schlafverhalten bei Vollmond. Allerdings schließt sie das Mondlicht als Grund aus: Bei dem Versuch brauchten Menschen bei Vollmond im Durchschnitt fünf Minuten länger zum Einschlafen und schliefen insgesamt 20 Minuten weniger als in der übrigen Zeit des Monats - auch wenn sie keinem Mondlicht ausgesetzt waren. Die Studie fand in einem Schlaflabor statt, in das kein Mondlicht eindringen konnte. Die Zahl der Tiefschlafphasen nahmen bei den Probanden der Studie in Vollmondnächten außerdem um 30 Prozent ab.
In anderen Studien konnten die Ergebnisse jedoch nicht repliziert werden. Trotzdem liegt anhand der Ergebnisse die Vermutung nahe, dass statt des Lichts vielleicht die Anziehungskraft der Mondes unseren Schlaf stören könnte: Denn sie löst subtile Schwankungen im Magnetfeld der Erde aus, auf die manche Menschen empfindlich reagieren könnten, vermuten Forscher.
Hat der Vollmond einen Einfluss auf die Stimmung?
Die Vorstellung, dass der Mond bestimmte Aspekte der körperlichen und geistigen Gesundheit beeinflusst, lässt sich bis ins antike Griechenland und Rom zurückverfolgen und findet sich unter anderem in den Schriften klassischer Autoren wie Aristoteles und Lucilius. So soll das englische Wort „lunatic“, auf Deutsch „Irrer“, auf den „lunar cycle“, den Mondzyklus, zurückgehen und auf die Vorstellung, dass bei Vollmond manche Menschen verrückt werden sollen.
Eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2017 belegt diese Theorie: Sie untersuchte Patienten mit einer sogenannten „Rapid Cycling“ bipolaren Störung, bei der Betroffene in kurzen Abständen zwischen Manie und Depression wechseln. Die Studie fand heraus, dass die Wechsel der Krankheitsphasen den zweiwöchigen Zyklen der Gezeiten folgen und sogar der Intensität der Gezeiten entsprechen.
Ein weiterer Beweis für den Einfluss des Mondes auf die Stimmung dieser Patienten ist laut Studie, dass diese ansonsten regelmäßigen Rhythmen alle 206 Tage von einem anderen Mondzyklus unterbrochen zu werden scheinen.
Der weibliche Zyklus: Ist es wahrscheinlicher, an Vollmond die Periode zu haben?
Hier und da liest man, dass Frauen zur Zeit des Vollmonds fruchtbarer sein sollen. Manche Menschen sehen auch einen Zusammenhang zwischen dem gesamten Mondzyklus und dem weiblichen Zyklus. Forscher sind sich aber bislang uneinig, ob der Mond tatsächlich einen Einfluss auf den Zyklus der Frau hat.
Einige Studien deuten darauf hin, dass die Periode eines Menschen nur in dem Maße mit den Mondzyklen zusammenhängt, wie man es aufgrund des Zufalls erwarten würde und es keine Synchronität zwischen beiden gibt.
Es gibt aber auch Forschungsergebnisse, die für einen Zusammenhang sprechen. Eine zwei Jahre alte Studie kam zu dem Ergebnis, dass der Mond das Einsetzen der Menstruation bei Frauen beeinflusst. Das Mondlicht hat demnach den größten Einfluss auf den weiblichen Zyklus, aber auch die Gravitationskräfte der Mondes haben eine Wirkung. Die Untersuchung ergab, dass bei Frauen unter 35 Jahren die Menstruation in knapp einem Viertel der in der Studie aufgezeichneten Zeit synchron mit dem Voll- oder Neumond verläuft. In 13 Prozent der Fälle verlief der weibliche Zyklus stattdessen synchron mit dem 27,55 tägigen Gravitationszyklus. Bei Frauen über 35 tickt der Zyklus dann schneller als die Mondrhythmen und ist seltener mit den beiden Mondzyklen synchron.
Auch frühere Studien deuteten auf einen schwachen Zusammenhang hin. Eine 1986 veröffentlichte Studie mit 826 Probandinnen kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Bei knapp über einem Viertel der Teilnehmerinnen setzte die Menstruation um Neumond herum ein, mehr als in jeder anderen Phase des Mondzyklus.
Betrinken sich Menschen vermehrt in Vollmondnächten?
Im Volksmund wird der Vollmond zuweilen als „Säufersonne“ bezeichnet, weil es hieß, dass Menschen in Vollmondnächten vermehrt mal ein Gläschen zu viel trinken. Dass der Mond einen Einfluss auf den Alkoholkonsum hat, ist bislang nicht eindeutig belegt.
Eine Studie, die für einen Zusammenhang von Vollmond und Betrunkenheit sprechen könnte, ist aus dem Jahr 2000: Damals werteten die Gerichtsmediziner Hans-Joachim Mittmeyer und Norbert Filipp für den Aufsatz „Alkoholkonsum und mondperiodischer Einfluss“ 16.495 Blutalkoholtests der Polizei aus und setzten sie mit einem Zeitraum von 50 Mondzyklen in Beziehung. Die Ergebnisse legen nahe, dass an Neumond- und Vollmond-Tagen sowie an den Tagen knapp davor und danach mehr Menschen betrunken sind als im Rest des Monats - ob diese Zahlen jedoch auf einen klaren Zusammenhang mit dem Mondzyklus schließen lassen, ist umstritten.
Eine andere Studie fand sogar einen umgekehrten Zusammenhang zwischen der Alkoholaufnahme und der Mondphase: Zur Zeit des Vollmonds tranken die Probanden im Schnitt 26 Prozent weniger Alkohol im Vergleich zur Neumond-Phase.
Der Vollmond und sein Einfluss auf allerlei Menschliches wie Geburten, Autounfälle oder Bluthochdruck
Mancher Aberglaube hält sich hartnäckig: So glauben einige, dass man an Vollmondtagen keine Operationen durchführen lassen sollte. Andere halten es für wahr, dass zu Vollmond besonders viele Kinder geboren werden. Die meisten Forscher kommen dagegen zu dem Schluss, dass der Mond keinen Einfluss auf Krankenhauseinweisungen, Komplikationen bei Operationen, Geburten oder gewalttätiges Verhalten hat. Auch eine 2019 durchgeführte Überprüfung von fast 18.000 Krankenakten aus verschiedenen Einrichtungen in der Schweiz ergab keinen Zusammenhang zwischen den Mondzyklen und der Länge der Krankenhausaufenthalte oder der Anzahl der stationären Einweisungen oder Entlassungen in psychiatrischen Einrichtungen.
Vereinzelte Studien weisen dagegen auf mögliche Zusammenhänge hin: Mehrere Studien fanden eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für tödliche Motorradunfälle, andere Verkehrsunfälle und Krankenwageneinsätze aufgrund von Unfällen - die Forscher vermuten dahinter allerdings weniger einen kosmischen Schicksalszusammenhang, als vielmehr einen möglichen Einfluss des Mondes auf die menschliche Verfassung.
Auch das können einzelne Studien unterstreichen: In einer Studie aus dem Jahr 2013 fanden die Forscher heraus, dass der Blutdruck während der Neumond- und Vollmondphasen sinkt.
Wann ist 2023 Vollmond?
Dieses Jahr gibt es 13 Vollmonde, von denen drei bereits vergangen sind. Die Vollmonde fallen auf die folgenden Daten:
- 07.01.
- 05.02.
- 07.03.
- 06.04.
- 05.05.
- 04.06.
- 03.07.
- 01.08.
- 31.08.
- 29.09.
- 28.10.
- 27.11.
- 27.12.