Entführungsopfer Natascha Kampusch "sprachlos" über Buch ihres Vaters

München · In dieser Woche startet der Film "3096 Tage" in den Kinos, der die Entführungsgeschichte der Natascha Kampusch erzählt. Nun macht auch ihr Vater mit einem Buch Schlagzeilen, in dem er seine Version der Geschichte erzählt. Die junge Frau ist fassungslos.

Das österreichische Entführungsopfer Natascha Kampusch ist über ein Buch ihres Vaters entsetzt. "Ich bin so erschüttert", sagte die 25-Jährige am Mittwoch in München. Ihr Vater Ludwig Koch erhebt in dem Buch "Vermisst. Die Suche des Vaters nach Natascha Kampusch", das er mit dem britischen Autor Allan Hall geschrieben hat, Vorwürfe gegen seine Tochter. "Es soll eine Analyse des Falls sein", sagte Hall der Nachrichtenagentur dpa. "Es ist Ludwigs Geschichte. Er glaubt, dass Natascha noch nicht wirklich bewältigt hat, was in diesem Haus geschehen ist." Das Buch soll in rund zwei Wochen als eBook erscheinen.

Laut dem Internetportal "oe24.at" soll Koch unter anderem anzweifeln, dass sie wirklich jahrelang in einem Kellerverlies leben musste. Kampusch, die den beklemmenden Film "3096 Tage" vorstellte, der auf ihrem Buch über ihre Entführung beruht, sagte: "Ich werde nachdenken müssen und Spaziergänge machen müssen" Sie habe nichts von dem Buch gewusst. "Ich bin sprachlos." Das Verhältnis zwischen Kampusch und ihren Eltern gilt seit langem als schwierig.

Kampusch wurde als Zehnjährige gekidnappt und war jahrelang in der Gewalt ihres Peinigers Wolfgang Priklopil. Im August 2006, im Alter von 18 Jahren, gelang ihr die Flucht, die sie "Selbstbefreiung" nennt. Priklopil warf sich daraufhin vor einen Zug. Der Film, an dem Kampusch mitgearbeitet hat, habe "viel wieder aufgewühlt". "Es hat mich sehr belastet."

Die lange Zeit ihrer Entführung habe sie mit einem "Glauben an Frieden, Gerechtigkeit und Harmonie" überstanden. Den habe sie immer noch nicht verloren. "Das hat etwas mit einer inneren Einstellung zu tun und mit gewissen Moralvorstellungen", sagte sie. "Ich habe aus der Zeit eine bessere Konzentration auf mich und meine Belange."

Der Hass, der ihr vor allem in ihrer Heimat Österreich entgegen schlägt, sei allerdings nur schwer zu verstehen und zu ertragen. Nachdem sie in der U-Bahn auch körperlich angegriffen worden sei, fahre sie heute mit dem Taxi. "Viele Menschen wollen das, was ich erlebt habe, eben nicht an sich heranlassen."

Mehr als acht Jahre hatte Kampusch während ihrer Entführung keine andere Bezugsperson als ihren Entführer, den sie als psychisch krank bezeichnet. "Es wäre besser, er würde noch leben, damit er sich rechtfertigen muss und nicht ich."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort