Auf die Formulierung kommt es an Wie man seine Neujahrsvorsätze besser umsetzen kann

Stockholm/Bremen/Zürich · Sie gehören zu Silvester wie das Bleigießen oder Wunderkerzen: Gute Vorsätze für das neue Jahr. Oft scheitern sie schon nach wenigen Tagen. Wie es besser gehen könnte, zeigen schwedische Forscher.

 Ob nicht mehr rauchen oder abnehmen - bei guten Vorsätzen kommt es auf die Wortwahl an.

Ob nicht mehr rauchen oder abnehmen - bei guten Vorsätzen kommt es auf die Wortwahl an.

Foto: Arno Burgi

Der Erfolg von Neujahrsvorsätzen hängt auch davon ab, wie sie formuliert werden. Wer abnehmen möchte, habe bessere Erfolgschancen mit dem Vorsatz „Ich esse künftig mehr Obst“ als mit „Ich esse keine Süßigkeiten mehr“. Das haben schwedische Wissenschaftler in einer Studie gezeigt. „Sie können ein Verhalten nicht auslöschen, aber Sie können es durch etwas anderes ersetzen“, erläutert Per Carlbring von der Universität Stockholm in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.

Für ihre im Fachmagazin „Plos One“ veröffentlichte Untersuchung teilten die Wissenschaftler der Universitäten von Stockholm und Linköping 1066 Freiwillige in drei Gruppen ein, die alle Ende 2017 Neujahrsvorsätze fassten. Die meisten Vorsätze kreisten um die eigene körperliche Gesundheit, Gewichtsabnahme und bessere Essgewohnheiten. Die erste Gruppe bekam während der Studie gar keine Hilfe, die zweite ein wenig und die dritte viel - etwa in Form von regelmäßigen Kontaktaufnahmen und E-Mails mit nützlichen Tipps.

„Es zeigte sich, dass die Unterstützung, die die Teilnehmer erhielten, keinen großen Unterschied machte, wenn es darum ging, wie gut sie ihre Vorsätze während des Jahres einhielten“, sagt der Psychologe Carlbring. „Was uns überraschte, waren die Ergebnisse zur Formulierung des Vorsatzes.“

Vermeidungsziele funkionieren schlechter

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Foto: obs/Zerbor

Tatsächlich führten sogenannte Annäherungsziele zum größten Erfolg. Dazu gehören Vorsätze, die etwas Neues in den eigenen Alltag oder eine neue Angewohnheit einführen. Ziele, bei denen es darum ging, etwas zu vermeiden oder damit aufzuhören, waren hingegen weniger erfolgreich. Die Forscher schließen daraus, dass schon die Formulierung von Neujahrsvorsätzen den Grundstein für deren Erfolg oder Misserfolg legen könnte: Wer seinen Vorsatz von „Ich werde aufhören/vermeiden...“ zu „Ich werde damit anfangen...“ umformuliere, habe eine größere Chance, das Ziel zu erreichen.

Für die Psychologin Sonia Lippke von der Jacobs University in Bremen sind das grundsätzlich keine neuen Erkenntnisse. Die Beobachtung, dass die Formulierung der eigenen Ziele eine wichtige Rolle für deren Erfolg spiele, sei etwa aus der Gesundheitspsychologie bereits bekannt: „"Gewichtsabnahme" ist kein gutes Ziel, "fitter werden" aber schon“, beschreibt Lippke.

Was die schwedische Arbeit unter anderem wertvoll mache, seien ihre Konsequenzen für die Corona-Situation und die damit einhergehenden Lockdown-Phasen. So zeige sie, wie wichtig das in der Pandemie genutzte Vokabular sei. „"Kontaktbeschränkungen" sind ein Vermeidungsziel und derartige Ziele funktionieren schlechter“, so Lippke. Noch dazu sei der Begriff unklar formuliert und problematisch, vor allem in Verbindung mit dem sogenannten Social Distancing: „Es geht schließlich nicht darum, soziale Kontakte einzuschränken, sondern physisch Abstand zu halten.“

Pandemie als Anlass für Reflektion

Gerade mit Blick auf soziale Beziehungen und die Gefahr der Vereinsamung sollten Maßnahmen daher als Annäherungsziele formuliert werden. „Diese könnten heißen „Ich bleibe zu Hause“ oder „Ich rufe jeden Tag einen meiner Freunde an““, führt die Psychologin aus. Ebenso sei wichtig, Flexibilität zu wahren, die überhaupt für den Erfolg von Vorsätzen eine große Rolle spiele: „Für den Lockdown bedeutet das beispielsweise, neue Wege des Kontakthaltens zu finden, etwa durch digitale Formate.“

Lippke meint, dass die Corona-Pandemie ein Anlass für die Reflexion der eigenen Vorsätze sein könnte: „Wir befinden uns in einer Zeit, andere Ziele zu bilden, die mehr mit der Verortung des Ichs in der Gemeinschaft zu tun haben, anstatt sich etwa darin zu erschöpfen, mehr Sport treiben zu wollen.“

(dpa)
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