Angst vor den Brandfolgen Notre Dames Nachbarn sorgen sich vor Bleivergiftung

Paris · Nach dem Brand in der französischen Kathedrale Notre Dame befürchten viele Anwohner eine Belastung durch Giftstoffe, die bei dem Feuer freigesetzt wurden. Dabei steht die Frage im Raum: Wie groß ist die Gefahr wirklich?

Bei den Anwohnern rund um die Kathedrale Notre-Dame geht die Angst um. Sind durch das verheerende Feuer Mitte April Giftstoffe freigesetzt worden? Ist die Umgebung belastet? In diesen Tagen ist vor allem die Gefährdung der Gesundheit durch Bleirückstände in den Fokus gerückt. Immer wieder wurde in den vergangenen Wochen darüber berichtet, dass fast 500 Tonnen des Metalls bei dem Brand des Dachstuhls durch die enorme Hitze geschmolzen sind und als giftige Dämpfe in die Luft gestiegen sind.

Der Vorplatz der Kathedrale wurde in den vergangenen Monaten bereits mehrfach gereinigt, die umliegenden Schulen wurden gründlich geputzt und die umliegenden Straßen sollen nun noch einmal mit einem speziellen Gel gesäubert werden. Die Stadt Paris betont immer wieder, sich strikt an die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden zu halten. Und gebetsmühlenartig wird von den Verantwortlichen betont, dass im Umkreis von 500 Meter die Bleiwerte nicht höher als zulässig seien. Doch vielen Anwohnern genügt diese Aussage nicht. Sie verweisen darauf, dass eine Bleivergiftung durch die allmähliche Aufnahme der Giftstoffe schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann. Blei schädigt das zentrale Nervensystem und kann etwa zu Fehl- und Frühgeburten oder Nierenschäden führen.

Die regionale Gesundheitsbehörde ARS hat inzwischen bei 175 Schulkindern Blutproben genommen, um nach eventuelle Belastungen durch Blei zu suchen. Bei zwei der Kinder sei ein Bleiwert oberhalb der Meldepflicht festgestellt worden, heißt es, bei 16 Kindern liegt der Messwert im Blut der Behörde zufolge über der Wachsamkeitsschwelle. Die zuständigen Ärzte warnen allerdings vor vorschnellen Rückschlüssen. So hatte es im Wohnhaus von einem der betroffenen Kinder eine Bleiverunreinigung gegeben, die nichts mit dem Feuer in Notre-Dame zu tun hatte. Experten weisen darauf hin, dass auch alte Wasserrohre oder Farben in der Wohnung Giftstoffe abgeben können. Ein Vertreter der Gesundheitsbehörde erklärte: „Wir sind in Kontakt mit den Familien der Kinder, es wird eine individuelle Analyse und eine Untersuchung der unmittelbaren Umgebung durchgeführt, um die Quelle der gefundenen Bleirückstände zu identifizieren.“

Eine Vereinigung von Verbänden und Gewerkschaften verlangt von der Stadt inzwischen eine genaue Karte der Bleiverunreinigungen rund um Notre-Dame, um dann gezielt Maßnahmen gegen die Verschmutzung durch Giftstoffe zu ergreifen. Eine Bürgerinitiative fordert sogar, dass die Kathedrale mit einer Art Schutzglocke abgedeckt werden müsse, was bei den Verantwortlich der Stadt allerdings einiges Kopfschütteln auslöste. Eine solche Vorrichtung rund um das berühmte Bauwerk zu errichten, sei schwer machbar, sagte Emmanuel Grégoire, stellvertretender Bürgermeister in einem Interview. Aus seiner Sicht sei ein solches Vorhaben aus technischer und finanzieller Sicht viel zu komplex.

Anne Souyris, zuständig bei der Stadtverwaltung für Gesundheitsfragen, versicherte, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen würden, um die Gesundheit der Anwohner zu schützen. Vorwürfe, dass die Behörden Untersuchungsergebnisse zurückhalten oder verschleiern würden, wies sie energisch zurück.

Für einige Aufregung unter den Anwohnern hatte auch gesorgt, dass die Restaurationsarbeiten an der Kathedrale eingestellt worden waren. Der Grund: eine zuständige Behörde hatten darauf hingewiesen, dass angesichts der nicht geklärten Belastung durch Schadstoffe die Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle nicht ausreichend gewesen seien. Inzwischen sind alle Arbeiter einem Bluttest unterzogen worden, bei dem keine auffälligen Ergebnisse festgestellt worden sind. Mitte August soll die Restaurierung der beschädigten Kirche wieder aufgenommen werden.

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