Wahlkampf Opposition munitioniert sich mit Stoff aus der Steueraffäre des Uli Hoeneß

Berlin · Wie tief ist der Sumpf? Reicht er womöglich über den FC Hollywood bis in die bayerische Staatskanzlei? Und wer wusste davon? SPD-Chef Sigmar Gabriel will sich erst gar nicht vorstellen, was passieren würde, wäre in einem Bundesland, zum Beispiel Bremen, ein dortiger früherer Fußballmanager, beispielsweise mit dem Namen Willi Lemke und auch noch eingetragenes SPD-Mitglied, in eine Affäre um Schwarzgeld in der Schweiz verstrickt.

 Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert Antworten der Union zur Steueraffäre um Fußball-Manager Uli Hoeneß.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert Antworten der Union zur Steueraffäre um Fußball-Manager Uli Hoeneß.

Foto: dpa

Der Aufschrei in den Reihen von CDU und CSU wäre groß. Er habe keine Zweifel, "dass wir da knapp vor der Kreuzigung wären, und das wollen wir nicht", sagt der SPD-Vorsitzende. Im realen Fall hätte der SPD-Chef gerne Antworten der politischen Konkurrenz.

Gabriel hat jedenfalls aufmerksam registriert, dass der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) noch am Wochenende mit der Aussage zitiert wurde, er sei bereits "vor einer geraumen Zeit" darüber informiert worden, dass ein Verfahren gegen den Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, laufe. Vor einer geraumen Zeit? Gabriel hält es "schon für ein starkes Stück", möglicherweise auch für einen "Verstoß gegen den Datenschutz", wenn der bayerische Ministerpräsident seit Wochen über ein Steuerverfahren gegen einen der prominentesten Bürger Bayerns gewusst habe.

Neben Gabriel sitzen der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sowie der frühere Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek. Kühl hat vor einigen Wochen den Kauf einer Steuer-CD durch das Land Rheinland-Pfalz bekannt gegeben. Der Kaufpreis: rund vier Millionen Euro.

Kühl sagt, in seiner Zeit als rheinland-pfälzischer Finanzminister sei es "bislang nicht vorgekommen, dass Steuerfahnder mir einen Namen offenbart haben". Und Ondracek, selbst viele Jahre Steuerfahnder in Bayern, betont, im Falle eines Prominenten werde "in aller Regel" die zuständige Finanzdirektion verständigt. Ob der Fall dann weiter nach oben gemeldet werde, wisse er nicht. Er könne sich allerdings vorstellen, dass vor einer Haus- oder Bürodurchsuchung das Finanzministerium "kurz vorher" informiert werde, aber so, "dass man nichts mehr verhindern kann".

Natürlich ist Wahlkampf. Und so hat Gabriel im Jahresbericht 2012 des Bayerischen Obersten Rechnungshofes nachschlagen lassen, wie die Steuerverwaltung im Freistaat im Ländervergleich beim Kampf gegen Steuerbetrug dasteht. Und siehe da, im Verhältnis der Zahl der Betriebsprüfer und der Umsatzsteuerprüfer zur Zahl der Betriebe liegt Bayern demnach auf Platz 16.

Gabriels Fazit: "Bayern hat sich zu einem Eldorado der Steuerhinterziehung entwickelt." Für den SPD-Chef ist ausgemacht, dass der Fall Hoeneß "eigentlich ein Fall Merkel und Schäuble" sei. Schließlich habe der FC Bayern-Präsident nur zum Mittel der Selbstanzeige gegriffen, weil das deutsch-schweizerische Steuerabkommen nicht in Kraft getreten sei, was Schwarzgeld mit einer Pauschalsteuer legalisiert hätte.

Gabriel will nun das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerdelikten eindämmen und es am Ende auf Bagatelldelikte beschränken. Interessanterweise verteidigt SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der als Bundesfinanzminister einst Uli Hoeneß in seinen 15-köpfigen Beraterkreis berufen hatte, das Prinzip der Straffreiheit bei einer Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung.

"Ich bin dafür, dass das Recht der Selbstanzeige bleibt", sagte Steinbrück. Amnestiegesetze zugunsten von Steuerbetrügern lehnte er ab. Steinbrück erhielt am Dienstag unverhofft Rückendeckung von der Konkurrenz. Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) betonte, er unterstütze Steinbrücks Position für die strafbefreiende Selbstanzeige "vollumfänglich" - und zwar auch gegen Angriffe aus dessen eigener SPD-Fraktion.

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