Nach Shitstorm „Pinky Gloves“ werden vom Markt genommen

Update | Swisttal · Die Perioden-Handschuhe „Pinky Gloves“ aus der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ haben für einen Shitstorm im Netz gesorgt. Nun wird das Produkt vom Markt genommen.

 Investor Ralf Dümmel nimmt die einfache Tamponentsorgung von "Pinky" genau unter die Lupe.

Investor Ralf Dümmel nimmt die einfache Tamponentsorgung von "Pinky" genau unter die Lupe.

Foto: TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Die Menstrations-Handschuhe „Pinky Gloves“ werden vom Markt genommen. Wie das Start-up auf seiner Webseite mitteilte, hatte es „zu keinem Zeitpunkt vor, jemanden zu diskreditieren oder einen natürlichen Prozess zu tabuisieren“. Gemeinsam mit Investor Ralf Dümmel habe man sich dazu entschieden, das Produkt vom Markt zu nehmen und alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet.

„Wir entschuldigen uns bei allen, deren Gefühle und Emotionen verletzt wurden. Wir können nachvollziehen, dass sehr viele darüber verärgert sind. Wir begrüßen nach wie vor, dass eine wichtige Debatte angestoßen wurde, wo die sachliche und konstruktive Debattenkultur hoffentlich wieder die Oberhand gewinnt. Was uns nachhaltig sehr trifft, ist die Tatsache, dass wir einer heftigen Welle an Hass, Mobbing und Gewaltandrohungen, bis hin zu Morddrohungen, ausgesetzt sind. Wir werden auf offener Straße attackiert und beschimpft. Wir haben uns die Kritik zu Herzen genommen und sie verstanden. Wir halten das nicht mehr aus und sind mit unseren Kräften am Ende. Bitte hört damit auf, uns, unsere Familien und Unterstützer:innen anzugreifen und zu bedrohen.“, so das Unternehmen weiter.

Auch Investor Dümmel äußerte sich via Instagram: „Als Unternehmer, Investor und vor allem als Mensch finde ich es wichtig, dass man auch Fehler machen darf, denn eine Fehlerkultur und Kritikfähigkeit sind der Grundpfeiler einer jeden gesunden Gesellschaft. Was mich nachhaltig sehr schockiert und traurig stimmt, ist die Tatsache, dass André, Eugen und ihre Angehörigen einer massiven Welle an Hass (...) ausgesetzt sind. Das verurteile ich zutiefst und es gibt KEINE Entschuldigung dafür. BITTE HÖRT AUF DAMIT!“

Die Hintergründe

Die beiden Gründer André Ritterswürden und Eugen Raimkulow hatten am vergangenen Montagabend in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ mit ihrer Idee überzeugt: Pinke Einmal-Handschuhe, mit denen Menstruierende Tampons und Binden hygienisch entnehmen und entsorgen können. Für 30.000 Euro haben sie ein Fünftel ihrer Unternehmensanteile an Investor Ralf Dümmel verkauft.

Die beiden selbsternannten Frauenversteher, die sich bei der Bundeswehr kennengelernt und dann gemeinsam in einer WG mit Frauen gewohnt hatten, wollen laut Internetseite mit ihrem Produkt Frauen zukünftig die „Sorge und das unangenehme Gefühl“ nehmen, das sie während ihrer Periode haben könnten. Denn mit Hilfe von „pinky“ könnten Hygieneartikel „sauber, auslaufsicher und geruchsneutral“ entsorgt werden. Dazu werde der Handschuh angezogen, mit dem entnommenen Tampon oder der Binde auf links gedreht, eingerollt und mit einem Klebestreifen verschlossen.

Das kleine pinke Päckchen soll dann in einem Mülleimer entsorgt, oder wenn der nicht in der Nähe ist, in der Tasche vorübergehend verstaut werden. Deshalb seien die Handschuhe laut der Entwickler vor allem für Reisen, in fremden Haushalten, auf Festivals oder beim Camping geeignet. Im eigenen zu Hause sei laut Kundenmeinung vor allem der Faktor „geruchsneutral“ ein Vorteil.

Perioden-Handschuh „Pinky Gloves“ löst Shitstorm aus

Das Internet reagierte allerdings nicht so begeistert wie Investor Dümmel. Sogar ganz im Gegenteil, denn die „Pinky Gloves“ (Deutsch in etwa: Pinke Handschuhe) bekamen umgehend einen regelrechten Shitstorm in den Sozialen Medien. Am Mittwochmittag lag der Hashtag #pinkygloves auf Platz eins der Twitter-Trends. Viele Nutzer bezeichnen das Produkt als „unnütz“, „umweltunfreundlich“, „sexistisch“ oder weisen darauf hin, dass es die Menstruation als „eklig“ darstelle.

Auf GA-Anfrage sagte Dümmel zu den Vorwürfen am Mittwoch: „Eugen und André haben mit Pinky für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie sich dem wichtigen Thema Menstruation widmen. Dennoch ist den Gründern durch die vielen berechtigten Hinweise zum Produkt und zum Auftritt klar geworden, dass es ernstzunehmende Kritikpunkte gibt, die den beiden als Männer-Team schlichtweg nicht bewusst waren. Periode ist ein politisches Thema. Und ich gebe zu, dass ich dem nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet habe. Ich hielt es für einen Problemlöser, der Menstruierenden unterwegs, zum Beispiel auf Festivals, hilfreich sein würde.“

Andererseits wies er darauf hin, dass das Geschlecht eines Gründers und einer Gründerin kein Merkmal für die Relevanz eines Produktes haben. Damit ging er auf die Kritik ein, dass „Pinky“ allein von Männern gegründet wurde.

Auch die beiden Gründer Ritterswürden und Raimkulow meldeten sich auf ihrem Instagram-Kanal zu Wort. Dort bedankten sie sich für die Reaktionen und betonten, dass sich niemand für seine Menstruation schämen müsse, sie etwas ganz Natürliches und nicht eklig sei. Sie wollten mit ihrem Produkt gegen die Stigmatisierung der Periode angehen und das Thema enttabuisieren. Denn die pinken Handschuhe seien vor allem für unterwegs und Situationen gedacht, in denen keine Toilette, kein Mülleimer und kein Waschbecken in der Nähe seien.

Sie schreiben: „Uns ist durch die vielen Kommentare von Euch klar geworden, dass es ernstzunehmende Kritikpunkte gibt, derer wir uns einfach nicht bewusst waren, obwohl wir es hätten sein müssen. Wir haben uns nicht ausreichend und richtig mit dem Thema auseinandergesetzt. Das war ein großer Fehler.“

Dümmel sagte abschließend in seinem Statement: „Ich möchte mich bei allen entschuldigen, dass ich dem Thema Periode bisher nicht ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet habe - das werde ich ab jetzt ändern.“ Auf die Frage, ob er durch den Shitstorm seine Meinung ändern und nicht investieren werde, ging er nicht konkret ein.

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