Lastwagenkontrolle auf der Autobahn Polizei verdonnert zahlreiche Lkw-Fahrer auf A3 zu Zwangspause

Düsseldorf · Großkontrolle der Polizei: Bei Erkrath mussten in den Nacht von Montag auf Dienstag etliche Brummifahrer auf der Autobahn 3 eine Zwangspause einlegen. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schaut vorbei.

 Bei strömendem Regen kontrollieren Polizisten bei Erkrath an der Autobahn 3 Lastwagen.

Bei strömendem Regen kontrollieren Polizisten bei Erkrath an der Autobahn 3 Lastwagen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Es ist 20.52 Uhr, als sich auf der Autobahn 3 bei Erkrath ein Streifenwagen vor einen Lastwagen mit niederländischen Kennzeichen setzt; auf dem Polizeiauto blinkt die Leuchttafel „Bitte folgen“. Bei strömendem Regen wird der Lastwagen zur nächsten Raststätte gelotst – zum Rastplatz Stindertal in Fahrtrichtung Köln. Dort stehen bereits mehrere Lastwagen, die von Polizisten mit neongelben Signalwesten umringt sind. Der niederländische Lkw fährt in die letzte freie Parkbucht. Das sei eine Verkehrskontrolle, klärt ein Polizist den Fahrer auf, nachdem er ihn gefragt hat, ob er Deutsch spräche.

„Fahrzeugschein und Papiere bitte, und steigen Sie bitte aus und öffnen den Anhänger, damit wir uns die Ladung anschauen können“, sagt der Polizist. Der Fahrer, ein Niederländer, muss sich erst einmal Schuhe anziehen; er ist nur mit Socken gefahren. Der Polizist schüttelt den Kopf.

Zwischen Montagabend und dem frühen Dienstagmorgen hat zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen eine groß angelegte Lkw-Kontrolle in der Nacht stattgefunden, an zwei Standorten – neben dem Rastplatz Stindertal noch an einem bei Köln. Vorbild der Maßnahme ist die Polizei in Bayern, genauer gesagt die Verkehrspolizeiinspektion Feucht, die ein Jahr lang Lastwagen nachts kontrolliert hat. Dabei kam heraus, dass Lkw-Fahrer nachts häufig die Vorschriften umgehen und die Kontrollgeräte manipulieren.

Verkehrsträchtigste Autobahn in NRW

Die A 3 zählt zu den verkehrsträchtigsten Autobahnen in Deutschland; sie ist für den Gütertransport auf Lastwagen unerlässlich. Täglich sind dort Tausende Laster unterwegs, eine typische Transitstrecke durch NRW. Der Rastplatz Stindertal liegt zwischen der Anschlussstelle Mettmann und dem Kreuz Hilden. 200 bis 250 Lkw fahren dort pro Stunde vorbei. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schaut sich die Kontrolle am Montagabend an, um von den Verkehrspolizisten zu lernen, wie er sagt. Und um ihnen zu danken: „Sie retten mit ihrer Arbeit Menschenleben“, sagt Reul.

Am Lkw mit dem niederländischen Kennzeichen scheint etwas nicht zu stimmen. Es sieht so aus, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert ist. Auf dem Hänger befinden sich schwere Maschinen, die für Eierfarmen bestimmt seien, wie der Fahrer erzählt. Die Geräte sind mit Spanngurten fixiert und am Boden festgenagelt. Eher sporadisch, befindet der Polizist. „Wir rechnen das aus, ob das so okay ist“, sagt er. „Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Nein.“

Kontrollen bis zu mehreren Stunden

Wie lange eine Kontrolle im Schnitt dauert, kann die Polizei nicht sagen. Das sei abhängig von den festgestellten Mängeln, sagt Carsten Gesthüsen, Dezernent beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste (LZPD). „Das kann von einer halben Stunde bis zu mehreren Stunden dauern“, sagt er. Kontrolliert wird am Montagabend im Bereich der sogenannten Sozialvorschriften: Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten, der technische Allgemeinzustand der Fahrzeuge und die Ladungssicherung, weil das die Faktoren seien, die für die meisten schweren Verkehrsunfälle verantwortlich seien. „In der Branche gibt es einen ordentlichen Leistungs- und Termindruck. Den müssen die Fahrer irgendwie bewerkstelligen. Manche halten sich an die Vorschriften, manche nicht“, sagt Gesthüsen.

Zeitdruck hat auch der Fahrer des niederländischen Lkw, bei dem die Polizei gerade nachschaut, ob die Ladung ausreichend gesichert ist. „Ich habe die Maschinen nicht selbst befestigt“, sagt er. Das sei schon alles so gewesen. Während die Polizei inspiziert, unterhält er sich mit einem Kollegen, den die Polizisten ebenfalls angehalten haben. Der Niederländer, so sagt er, ist auf dem Weg nach Österreich; von dort aus müsse er dann weiter nach Rumänien. Verständnis für die Kontrollen habe er zwar; die müssten sein, weil es schwarze Schafe in der Branche gebe. Aber er gehöre nicht dazu. „Ich muss schnell weiter. Habe keine Zeit zu verlieren. Ich muss liefern“, sagt er.

Der Verkehrspolizei fehlt Nachwuchs

Die Verkehrspolizei ist überaltert, es fehlt Nachwuchs. Und an Spezialisten. Experten weisen seit Jahren darauf hin. Und auch Reul bestätigt: „Uns fehlen die jungen Leute in dem Bereich. Wir müssen mit den Realitäten leben. Wir haben nicht für alles die ausreichende Anzahl an Experten“, sagt er. Einer dieser Experten ist Georg Leurs, Kontrollbeamter im Verkehrsdienst der Autobahnpolizei in Moers. Er ist einer von ganz wenigen Gefahrgutspezialisten bei der Polizei. Seit 20 Jahren macht er den Job schon. Die Arbeit bei der Verkehrspolizei müsse man auch mögen, sagt er. Sie sei aufwendig, zeitintensiv. „Eine Lkw-Kontrolle kann man nicht mal eben so schnell machen“, sagt Leurs. Um zu den absoluten Profis in dem Bereich zu gehören, bräuchte man mindestens fünf Jahre. „Da gibt es so viel zu lernen, so viel, worauf es zu achten gilt“, sagt er. Ein Grund, wieso viele Polizisten diese Tätigkeit scheuten.

Das Bauchgefühl hat den Polizisten diesmal getäuscht; die Maschinen für die Eierfarmen auf dem niederländischen Lkw, die auf den ersten Blick eher wackelig fixiert zu sein schienen, sind vorschriftsmäßig gesichert. Nach gut einer Stunde fährt der Laster wieder vom Rastplatz Stindertal. Der nächste wartet schon, um in die Parkbucht zu fahren.

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