Jahreswechsel Polizisten und Umweltschützer warnen vor Böller-Folgen

Berlin · Deutschland diskutiert über Feuerwerksverbote und fast schon anarchische Zustände am letzten Tag des Jahres. Ob weniger Böllerei zu Silvester ein Gewinn oder Bevormundung wäre, ist umstritten.

Umweltschützer und Polizisten haben vor den Folgen der Silvesterböllerei gewarnt. Wegen der hohen Feinstaubbelastung rief das Umweltbundesamt zu einem Verzicht auf privates Silvesterfeuerwerk auf.

Die Deutsche Umwelthilfe forderte schon vor Tagen eine Verlegung von Feuerwerken aus belasteten Innenstädten. Etliche Kommunen haben das private Böllern in den Innenstädten bereits untersagt. Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei wäre eine Ausweitung von Böllerverboten jedoch kaum zu kontrollieren. Polizisten beklagen zugleich eine zunehmende Aggressivität und Respektlosigkeit rund um den Jahreswechsel - auch gegenüber Rettungskräften.

Einige Städte haben in ihrer City Verbote erlassen, darunter erstmals Hannover. Die Polizei erwartet, dass die Situation dadurch rund um zentrale Plätze in der Innenstadt deutlich entspannter werde.

"Wenn Sie an Silvester weniger Feuerwerk benutzen - oder ganz darauf verzichten -, können Sie dazu beitragen, die Feinstaubbelastung zu verringern - das hilft der Gesundheit und verursacht weniger Müll auf den Straßen und in der Umwelt", sagte die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, der "Rheinischen Post" (Samstag). In der Silvesternacht steige die Luftbelastung mit Feinstaub explosionsartig an. Nach ihren Berechnungen geraten in Deutschland rund 4500 Tonnen Feinstaub in der Silvesternacht in die Luft, was etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge entspreche.

Der entstehende Feinstaub ist auch das Argument der Deutschen Umwelthilfe gegen die Böllerei. Die Umwelthilfe spielt in der Dieselkrise eine große Rolle. Sie hat mit Klagen Fahrverbote für ältere Dieselautos in Großstädten erwirkt.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der "Passauer Neuen Presse", man solle Feuerwerk als Brauchtum und langjährige Tradition respektieren. Die Menschen brächten damit "ihre Lebensfreude" zum Ausdruck, "aber auch ihre Hoffnung auf ein glückliches neues Jahr". "Man kann nur davor warnen, mit weiteren Verboten die Menschen zu bevormunden."

In Berlin hätte die rot-rot-grüne Landesregierung gern schon dieses Jahr weitergehende Verbotszonen eingerichtet. Der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader sagte dem RBB, das Bundessprengstoffgesetz verbiete es den Bezirken der Hauptstadt aber, das Böllern ganz zu untersagen. Darum wolle man auf Bundesebene aktiv werden.

Der Verband der pyrotechnischen Industrie erwartet wieder einen Umsatz von etwa 137 Millionen Euro mit Raketen und Knallkörpern. Organisationen wie Brot für die Welt ("Brot statt Böller") und die Tierrechtsorganisation Peta rufen schon lange zum Böllerverzicht auf.

"Die derzeitige Diskussion um ein Verbot von Silvesterfeuerwerk in eng besiedelten Stadtgebieten sehe ich skeptisch, da die Polizei die hierzu notwendigen Kontrollen personell überhaupt nicht leisten kann", sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, der Deutschen Presse-Agentur.

Malchow zufolge nehmen Polizisten zum Jahreswechsel "viel Aggressivität und Respektlosigkeit" wahr. "Da werden Böller beispielsweise gezielt auf Menschen geworfen und Raketen verantwortungslos in Richtung von Häusern abgeschossen." Jedes Jahr werden Hunderte Menschen an Silvester verletzt.

"Wenn ich mir die Silvester-Szenen auf einigen Straßen in unseren Großstädten anschaue, scheinen einige die Gefahren nicht richtig einzuschätzen", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings, dem "Tagesspiegel" (online). "Nicht verhältnismäßig scheint mir auch, wenn noch am gesamten Neujahrstag Böller gezündet werden. Mit Raketen und Böllern sollte eine Stunde nach Mitternacht Schluss sein."

Verschiedene Umfragen förderten eine zwiespältige Einstellung der Deutschen zu Silvester und Feuerwerk zutage.

In einer Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Online-Portale der Funke-Mediengruppe sprachen sich fast 60 Prozent von mehr als 5000 Befragten für Feuerwerksverbote in deutschen Innenstädten aus.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für die "Bild" will die Mehrheit der Menschen in Deutschland gar nicht böllern. Nur 18 Prozent gaben an, Knallkörper zünden zu wollen.