"Spiegel", "Stern" und "Focus" Proteste, Petitionen und Personalwechsel

BONN · Das hat vor ihm noch kein "Spiegel"-Chefredakteur geschafft. Am 1. September 2013 hat Wolfgang Büchner sein Amt an der Spitze des Hamburger Nachrichtenmagazins angetreten, in der vergangenen Woche hatte er nach Informationen des Evangelischen Pressedienstes 86 Prozent seiner Kollegen gegen sich.

 Ulrich Reitz (links) tritt am 1. Oktober bei Focus an.

Ulrich Reitz (links) tritt am 1. Oktober bei Focus an.

Foto: dpa/Montage: Sabrina Stamp

Mehr als 200 Beschäftigte sollen eine Petition unterzeichnet haben, die sich gegen Büchners Pläne wendet, die Arbeit von Print und "Spiegel Online" zu verzahnen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) rezensierte den Vorgang im Verlagssitz des "Spiegel" in der schicken Hamburger Hafen-City wie ein bewegendes Drama: "Es ist alles ein Hauen und Stechen."

Nichts ist bei deutschen Wochenmagazinen im Augenblick so konstant wie der Wandel. Man mag das als Reaktion auf gemeinsame Herausforderungen begreifen: Sinkende Auflagen und dringend gesuchte Erlösmodelle im digitalen Geschäft. Verlage müssen heute auf vielen Kanälen senden: von Print bis Smartphone.

Der "Spiegel" verlor innerhalb von zehn Jahren 17,7 Prozent der Auflage. Nach wie vor gilt er jedoch als hoch profitabel. Ein Bezahlkonzept im Netz ist geplant, ab Januar 2015 verschiebt der "Spiegel" seinen Erscheinungstag von Montag auf Samstag.

Beim Hamburger "Stern" wird Chefredakteur Dominik Wichmann (seit 1. Mai 2013 im Amt) im Oktober von Christian Krug ersetzt; Krug ist derzeit Chefredakteur der "Gala". Der Münchner "Focus" plant auch einen Wechsel in der Chefredaktion: Auf Jörg Quoos (seit 1. Januar 2013 im Amt) folgt am 1. Oktober Ulrich Reitz, wurde am Dienstag bekannt.

Dominik Wichmann soll einen autoritären Führungsstil gepflegt haben. Dass sein Nachfolger von der "Gala" kommt, hat in der Branche für Erstaunen gesorgt. Steht der "Stern" vor einem inhaltlichen Kurswechsel - Richtung Promi-Magazin? Beim "Focus" wurde Jörg Quoos einerseits mit lobenden Worten verabschiedet. Aber: "Jörg Quoos und das Unternehmen sind unterschiedlicher Auffassung bezüglich der künftigen Ausrichtung des Magazins", teilte der Verlag Hubert Burda Media gestern mit.

Am intensivsten beschäftigt das Publikum der "Spiegel". Für dessen Gründer Rudolf Augstein (1923-2002) war das Magazin nicht weniger als das "Sturmgeschütz der Demokratie". Jetzt stehen die Zeichen in Hamburg auf Sturm. Im Mittelpunkt der Unruhen hat sich der 1966 in Speyer geborene Büchner positioniert.

Er packt eigentlich genau das an, wofür ihn Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe als Nachfolger des Chef-Duos Georg Mascolo (Print) und Mathias Müller von Blumencron (Online) geholt hat. Die Redaktionen von "Spiegel" und "Spiegel Online" sollen enger zusammenarbeiten. Das Etikett für den Wandel: "Spiegel 3.0". Die Ressortleiter sollen in Zukunft für Print und Online verantwortlich sein.

Klingt plausibel, aber Büchner hatte entschieden, alle Ressortleiterposten im Dienste seiner Vision neu auszuschreiben. Möglicherweise werden Ressorts neu geschaffen oder anders zugeschnitten als bisher. Das hat das ohnehin fragile Verhältnis zwischen Chef und den machtbewussten Ressortchefs noch um einige Nuancen verschlechtert.

Es folgten Protest, Resolution und Petition. Den Kritikern fehlte die Basis für eine vertrauliche Zusammenarbeit. Die Onliner hingegen hätten Sympathien für Büchners Kurs erkennen lassen, berichtete die FAZ. Inzwischen herrscht eine Art Hamburger Burgfrieden.

Aus Erklärungen der Gesellschafter - Mitarbeiter KG (50,5 Prozent der Anteile), Gruner + Jahr (25,5 Prozent) sowie Augstein-Erben (24 Prozent) - lässt sich herauslesen, dass Büchner sein Digitalkonzept fortsetzen kann.

Er muss sich jetzt aber die Basis für eine vertrauliche Zusammenarbeit erarbeiten. Dafür habe er zwei Monate Zeit, meldete das Medien-Portal "Meedia". Das Tagesgeschäft stemmen in dieser Zeit die Kollegen.

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