Prozess um BVB-Anschlag Marc Bartra kritisiert Medienberichte über Alpträume

Dortmund · Der Sprengstoffanschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund hat Folgen hinterlassen bei Marc Bartra. "Todesangst" habe er gehabt, nach wie vor leide er daran. Auf Twitter kritisierte er anschließend die Berichterstattung.

Schreie, Panik, Todesangst: Im Mannschaftsbus von Borussia Dortmund müssen sich unmittelbar nach der Explosion von drei Splitterbomben am 11. April 2017 dramatische Szenen abgespielt haben. Im Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter Sergej W. hat das Dortmunder Schwurgericht am Montag den ersten Profi des börsennotierten Fußballvereins als Zeugen vernommen. Der 27-jährige Abwehrspezialist Marc Bartra wollte selbst nur wenig mit den Richtern sprechen. Er ließ lieber den Rechtsbeistand eine Erklärung verlesen.

Darin schilderte Mannschaftsanwalt Alfons Becker die Momente des Anschlags aus der Sicht seines Mandanten. Der Bus habe sich gegen 19 Uhr am Teamhotel im Dortmunder Süden in Bewegung gesetzt, um Mannschaft, Trainer und Betreuer zum Champions-League-Heimspiel gegen AS Monaco zu fahren. „Plötzlich gab es eine heftige Explosion“, heißt es in der Erklärung. „Ich spürte eine große Wärme in meinem Körper. Ich konnte die Situation nicht einordnen. Es entstand Panik. Mein rechter Arm blutete, ich konnte ihn nicht bewegen.“ Bartra hatte bei dem Anschlag einen offenen Bruch des Unterarms erlitten.

Im Namen des Fußballprofis erklärte Becker außerdem, sein Mandant habe „Todesangst“ gehabt und gefürchtet, dass er seine Familie nie wieder sehen werde. „Es fiel mir später sehr schwer, vor meiner Frau und meiner Tochter stark zu sein und nicht ständig weinen zu müssen“, verlas der Jurist. Bartra habe „bis zum heutigen Tag Albträume“.

Er leide weiter unter den Folgen des Anschlags. Auf die Nachfrage von Oberstaatsanwalt Carsten Dombert, ob er seinen möglichen derzeitigen Leistungsabfall auf das Attentat zurückführe, antwortete Bartra dann persönlich: „Nein. Wenn ich heute spiele, hat die Sache, die ich durchgemacht habe, mich eher noch stärker gemacht.“

Was im Prozess deutlich formuliert war, nahm Bartra später wieder teils zurück. Im Anschluss an die Verhandlung meldete er sich via Twitter zu Wort und erklärte, er sei missverstanden worden. Es es sei nicht wahr, dass er den Anschlag noch immer nicht überwunden habe. Ein BVB-Sprecher stellte später klar, wie die Worte des Profis tatsächlich zu verstehen sein sollten: „In den Wochen und auch den ersten Monaten nach dem Anschlag hatte ich Albträume, jetzt aber nicht mehr.“ Marc Bartra fühle sich im Leben aktuell „stärker als je zuvor“.

„Aus medizinischen Gründen verhandlungsunfähig“

Während der spanische Abwehrspieler der Zeugenladung des Dortmunder Schwurgerichts bereitwillig Folge leistete, warteten die Beteiligten am Montag vergeblich auf den ebenfalls geladenen Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang. Dieser ließ sich mit einem Attest des Mannschaftsarztes entschuldigen. Der Zeuge sei „aus medizinischen Gründen verhandlungsunfähig“, hieß es in der Bescheinigung. Sehr zum Ärger der Justiz: Oberstaatsanwalt Dombert monierte, das Attest sei sehr dürftig, die Justiz solle sich ein solches Verhalten seiner Ansicht nach nicht bieten lassen. Über mögliche Konsequenzen für Aubameyang will das Gericht erst später entscheiden.

Der Fußball-Profi steckte wochenlang in einem anhaltenden Transferpoker. Am vergangenen Samstag stand er beim Heimspiel gegen den SC Freiburg (2:2) noch auf dem Platz.

Marc Bartra hatte das Gerichtsgebäude zum Zeitpunkt des Ärgers um seinen Teamkollegen schon lange wieder verlassen. Die Entschuldigung des geständigen Angeklagten Sergej W. hatte der 27-Jährige zuvor wort- und regungslos entgegengenommen.

Der wegen Mordversuchs in 28 Fällen angeklagte Sergej W. hat bereits zugegeben, die drei selbst gebauten Splitterbomben gezündet zu haben. Er habe mit verschiedenen Optionsscheinen auf einen fallenden Kurs der BVB-Aktie gewettet, hieß es in seiner Erklärung vor Gericht. Sergej W. beharrt jedoch darauf, er habe niemanden töten oder schwer verletzen wollen. Die Bomben seien bewusst so konstruiert gewesen, „dass niemand ernsthaft gefährdet werden konnte“.

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