Bis zu zehn Jahre Haft Rasern droht künftig Auto-Beschlagnahmung und Gefängnis

Berlin · Mit Tempo 150 durch die Stadt und dann nur einen Monat Fahrverbot? Das wird sich ändern: Teilnehmer an illegalen Autorennen riskieren künftig bis zu zwei Jahre Knast. Wird dabei noch jemand verletzt oder gar getötet, können es auch zehn Jahre werden.

 Auch hier führte ein illegales Rennen zum Crash: Autowrack in Wiesbaden.

Auch hier führte ein illegales Rennen zum Crash: Autowrack in Wiesbaden.

Foto: Frank May

Gefängnis für extreme Raser, drastisch höhere Bußen für Handys am Steuer und blockierte Rettungsgassen: Abschreckendere Sanktionen sollen Autofahrer künftig stärker von lebensgefährlichen Manövern auf deutschen Straßen abhalten.

Der Bundesrat machte am Freitag in der letzten Sitzung vor der Bundestagswahl den Weg für eine Reihe von Neuregelungen frei. Sicherheitsexperten begrüßten die Verschärfungen, mahnten aber zugleich mehr Polizeikontrollen an.

RASER UND ILLEGALE AUTORENNEN: Wer illegale Rennen veranstaltet oder daran teilnimmt, muss künftig mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen, wenn dabei jemand schwer verletzt oder getötet wird. Selbst wenn niemand zu Schaden kommt, drohen bis zu zwei Jahre Haft. Dafür wird ein neuer Straftatbestand eingeführt. Bisher wird die Teilnahme an solchen Rennen mit 400 Euro und einem Monat Fahrverbot geahndet. Bestraft wird künftig schon der Versuch, ein Rennen zu organisieren. Fahrzeuge können eingezogen werden. Erfasst werden auch Fahrer, die unabhängig von Rennen "grob verkehrswidrig und rücksichtslos" rasen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nannte die Strafverschärfung dringend erforderlich. Illegale Rennen seien "russisches Roulette auf deutschen Straßen", bei dem die Täter das Leben anderer aufs Spiel setzten. "Wir müssen alles tun, um diesen Irrsinn zu stoppen und die Menschen vor solchen Verrückten zu schützen." Wahnwitzige Rennen auf Autobahnen und in Städten bringen immer wieder Menschen in Gefahr. Im März hatte das Landgericht Berlin bundesweit erstmalig zwei Raser des Mordes schuldig gesprochen. Bei ihrem Rennen starb ein 69-Jähriger.

HANDYS AM STEUER: Leichtsinniges Hantieren mit Smartphones am Steuer kommt Autofahrer künftig teurer zu stehen. Dafür wird das lange bestehende Handy-Verbot verschärft, das vielfach missachtet wird. Für Verstöße werden demnach 100 Euro statt 60 Euro fällig, weiterhin verbunden mit einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei. Im schlimmsten Fall mit einer Sachbeschädigung drohen 200 Euro, zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot. Werden Fahrradfahrer mit Handy in der Hand ertappt, müssen sie 55 Euro statt bisher 25 Euro zahlen. Das Verbot, das bisher nur Mobil- und Autotelefone nennt, wird zudem auf alle Kommunikationsgeräte wie Tablets und Laptops erweitert.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, Ablenkung sei eines der größten Unfallrisiken. "Wer am Steuer aufs Handy schaut, ist im Blindflug unterwegs und gefährdet damit sich und andere." Der Autofahrerclub ADAC begrüßte, dass nun auch andere Geräte mit großem Ablenkungspotenzial berücksichtigt werden. Das Problembewusstsein für die jeweilige Fahrsituation müsse zugleich geschärft werden. Die Gewerkschaft der Polizei mahnte auch mehr Kontrollen an. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) begrüßte die Neuregelung als überfällig. Kritisch sei aber, dass ein "kurzer" Blick auf Geräte weiter möglich sei. Menschen hätten ganz individuelle Interpretationen für "kurz".

BEHINDERN VON RETTUNGSKRÄFTEN: Abschreckendere Geldbußen sollen Autofahrer dazu bringen, Rettern und Polizei den Weg frei zu machen, die zum Beispiel zu Unfällen eilen. Wer bei stockendem Verkehr etwa auf einer Autobahn keine Notgasse bildet, muss statt bisher 20 Euro künftig mindestens 200 Euro berappen - und im schwersten Fall bis zu 320 Euro verbunden mit einem Monat Fahrverbot. Der Bundesrat stimmte außerdem für einige Änderungen der Bundes-Verordnung. Demnach sollen generell mindestens 240 Euro und ein Monat Fahrverbot drohen, wenn Autofahrer Einsatzwagen mit Blaulicht und Einsatzhorn nicht sofort freie Bahn verschaffen - auch unabhängig von einer Rettungsgasse.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte, damit werde deutlich, dass es um kein Bagatelldelikt gehe. Wenn manche Notgassen nutzten, um beispielsweise in einem Stau nach vorn zu fahren, sei das "ein verabscheuenswürdiges Verhalten, das eben nicht lediglich mit lausigen 20 Euro Bußgeld bestraft werden darf". Der DVR mahnte: "Um Menschenleben nach einem Verkehrsunfall zu retten und Unfallopfer zu versorgen, kommt es auf jede Sekunde an." Wenn Rettungskräfte von Blockierern zu waghalsigen Manövern gezwungenen würden, könne dies weitere Unfälle verursachen, bei denen Menschen zu Schaden kommen.

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