Schwimm-Legende Thorpe offenbart seine Homosexualität

Sydney · Nach jahrelangen Dementis hat Australiens Schwimm-Legende Ian Thorpe seine Homosexualität offenbart. Der fünffache Olympiasieger und Superstar der Olympischen Spiele 2000 in Sydney sprach darüber erstmals am Sonntag in einem emotional geführten Interview des australischen Fernsehsenders Channel Ten.

 Ian Thorpe im Interview. Foto: Network Ten

Ian Thorpe im Interview. Foto: Network Ten

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"Ich sage der Welt, dass ich schwul bin ... und ich hoffe, dass dies die Dinge einfacher macht für andere", sagte Thorpe, der nach eigenen Angaben mit 19 das erste Mal Antidepressiva nahm. Über sein Schwulsein haben er mit Familie und Freunden erst vor wenigen Wochen geredet.

Thorpe, zu seinen Glanzzeiten "Thorpedo" genannt, ist mit fünf Gold- und drei Silbermedaillen und einmal Bronze der erfolgreichste Olympionike im sportverrückten Australien und einer der bekanntesten Promis. Die Nachricht über sein Coming-out hatte dort ein ähnlich großes Echo wie das Interview, in dem der frühere deutsche Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger im Januar über seine Homosexualität sprach.

Sportler und andere Prominente begrüßten Thorpes Coming-out, darunter US-Basketballer Jason Collins, der 2013 als erster NBA-Spieler über seine Homosexualität geredet hatte. "Cheers Ian Thorpe. Deine Geschichte wird anderen helfen und sie inspirieren", twitterte Collins.

Thorpes vier Jahre jüngerer Landsmann, Wasserspringer Matthew Mitcham, hatte sich schon vor seinem Turm-Olympiasieg 2008 geoutet. Dem "Daily Telegraph" sagte er: "Ich verstehe total, wie schwierig dieser Prozess für ihn war." Thorpe schrieb nach dem Interview, für das er nach "Telegraph"-Angaben umgerechnet 277 000 Euro erhalten haben soll, auf Twitter: "An alle, die mir aufmunternde Worte geschickt haben; vielen Dank!"

Über Thorpes sexuelle Orientierung wurde seit langem spekuliert. Er hat sich immer dagegen verwahrt, auch in seiner Autobiografie "This is me" 2012. "Um es einmal klipp und klar zu machen: Ich bin nicht schwul ... Mich ziehen Frauen an, ich liebe Kinder und will eines Tages eine Familie haben", schrieb er darin. Selbst in einer Pressemitteilung leugnete er einst seine Homosexualität.

Warum er sich so lange versteckt hat, erklärte Thorpe in dem Interview: "Ich hatte das Gefühl, die Lüge war so groß geworden. Ich wollte nicht, dass die Leute meine Integrität infrage stellen." Dazu meint Mitcham: "Ich hoffe, die Medien respektieren ihn, so wie mich 2008. Die Öffentlichkeit und die Medien haben jetzt eine wunderbare Gelegenheit, ein Beispiel zu setzen für Kinder, die in einer ähnlichen Situation sind wie Ian es war."

Thorpe enthüllt in dem Interview, wie unwohl er sich jahrelang gefühlt hat. "Niemand muss sich so fühlen, wie ich es lange getan habe. Man kann aufwachsen und sich wohlfühlen und schwul sein", sagte er. Thorpe schrieb in seiner Autobiografie über die Depressionen: "Selbst meine Familie weiß nicht, dass ich einen Großteil meines Lebens gegen lähmende Depression gekämpft habe ... Ich habe Alkohol genommen, um schreckliche Gedanken zu vertreiben und meine Stimmung zu regulieren." Im Februar war er nach Angaben seines Managers wegen Depressionen in einer Rehabilitationsklinik.

Seine Homosexualität geheim zu halten, sei "psychologisch schmerzhaft" für Thorpe gewesen, meinte der Verband schwuler und lesbischer Sportler (Glisa). "Wir ziehen den Hut vor Ian Thorpe im Bezug auf alles, was er in seiner Schwimmkarriere geschafft hat, wir wünschen ihm alles Gute für die Zukunft und hoffen, dass er größeren inneren Frieden und Freiheit findet."

Thorpe wurde mit 15 Jahren über 400 Meter Freistil der jüngste Weltmeister der Schwimmgeschichte. Der Sportler mit einer Armspannweite von 1,90 Metern und Schuhgröße 54 brach anschließend 22 Weltrekorde. Ende 2006 trat er zunächst vom Leistungssport zurück.

2011 versuchte Thorpe ein Comeback, scheiterte aber in der Qualifikation für Olympia 2012 in London. "Aus dem Märchen ist ein Alptraum geworden", sagte er anschließend.

Thorpe hat seit 14 Jahren eine Stiftung, die sich für benachteiligte Kinder, besonders unter den Ureinwohnern Australiens, einsetzt.

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