Auftritt in Hongkong Skandalforscher He Jiankui ist stolz auf Genbabys

Peking · Mit der Manipulation des Genoms zweier Mädchen hat der chinesische Forscher He Jiankui eine Welle der Empörung ausgelöst. Nun stellte sich der Wissenschaftler auf dem Genetiker-Kongress in Hongkong erstmals öffentlich seinen Kollegen - und verteidigte sein Vorgehen.

 Der chinesische Forscher He Jiankui verteidigt seine Arbeit beim Genetiker-Kongress in Hongkong.

Der chinesische Forscher He Jiankui verteidigt seine Arbeit beim Genetiker-Kongress in Hongkong.

Foto: AFP

Ja, er empfinde Reue. Jedoch nicht an sich für das Gen-Experiment an Menschen, sondern lediglich für den Ablauf, wie er es in der Öffentlichkeit kundgetan hat. „Zuerst muss ich mich entschuldigen“, sagte He Jiankui, der chinesische Genforscher, der nach eigenen Angaben das Genom zweier Mädchen manipuliert und damit Anfang der Woche einen internationalen Aufschrei ausgelöst hat. Er hätte sein Experiment wie in der Wissenschaft üblich erst unter Fachexperten vorstellen sollen.

Auf das Experiment selbst sei er jedoch „wirklich stolz“. Die Zwillinge Lulu und Nana seien gesund, die Eltern glücklich. Und mehr noch: Er verkündete eine zweite „potenzielle Schwangerschaft“ mit genmanipuliertem Embryo. Sie befinde sich allerdings noch „in einem sehr frühen Stadium“, sagte He. Es müsse abgewartet werden, ob sie bestehen bleibe.

Alle beteiligten Väter sind HIV-positiv

Am Mittwoch stellte sich der chinesische Skandal-Wissenschaftler auf dem Internationalen Genetiker-Kongress in Hongkong seinen Kollegen und äußerte sich erstmals öffentlich zu seiner umstrittenen Arbeit. He hat eigenen Angaben zufolge nach dem Genom-Editing-Verfahren CRIPR-Cas9 das Erbgut der Zwillinge so verändert, dass die beiden Mädchen vor HIV geschützt seien. Die Väter aller sieben am Experiment beteiligten Paare sind HIV-positiv. Eine unabhängige Bestätigung dieses angeblichen medizinischen Durchbruchs gibt es allerdings nicht. Bekannt sind allein die Aussagen von He selbst.

„Am stolzesten“ sei He, dass er dem Vater der Zwillinge den Wunsch auf eigene Kinder erfüllt habe. Der Vater habe ihm unmittelbar nach der Geburt geschrieben, dass er hart arbeiten werde, um sich um die beiden Töchter und seine Frau zu kümmern. He versicherte, alle Beteiligten hätten ihre Einwilligung erteilt.

Dass er mit einem solchen Experiment die Gemüter erregen würde – das dürfte dem gerade einmal 34-Jährigen bewusst gewesen sein. Offenbar hat er jedoch nicht damit gerechnet, überhaupt keine Unterstützung zu erhalten – nicht einmal von seinen chinesischen Kollegen.

Im Gegenteil: 120 chinesische Wissenschaftler haben in einem gemeinsamen Schreiben Hes Arbeit als „Wahnsinn“ bezeichnet, der Chinas Ruf in der Welt sehr schade. Chinas Nationale Gesundheitskommission kündigte eine „minutiöse Untersuchung“ an. Das Experiment – sollte es wirklich stattgefunden haben – sei nach chinesischem Recht verboten, wird der chinesische Vize-Wissenschaftsminister in den Staatsmedien zitiert. Und auch Hes Universität in Shenzhen distanzierte sich von ihm. Seine Arbeit habe er außerhalb der Hochschule vorangetrieben, heißt es.

He ist keine Angst vor Bestrafung anzumerken

So rigoros normalerweise die chinesischen Behörden gegen Gesetzesverstöße vorgehen – in der Stammzellenforschung ist China bekannt dafür, es mit den Bestimmungen nicht so genau zu nehmen. Die Volksrepublik strebt die weltweite Führungsrolle in der Genforschung an. Wissenschaftler wie He werden mit hohen Gehältern und „idealen Forschungsbedingungen“ gezielt ins Land zurückgelockt.

Der studierte Physiker ist zwar aus einem kleinen Dorf in der südchinesischen Provinz Hunan. Promoviert hat er jedoch an der renommierten US-Universität Rice in Texas. Später wechselte er an die Stanford Universität. Die chinesische Führung wählte ihn für ihr „Tausend-Talente-Förderprogramm“ aus. He bekam zudem Unterstützung bei der Gründung seiner eigenen Biotech-Firma.

Ob ihm nun eine Strafe droht? Angst war ihm bei seiner Rede zumindest nicht anzumerken. Im Gegenteil: Am Ende seines Gesprächs fragte ihn der Moderator, ob er auch sein eigenes Baby gentechnisch bearbeiten würde, wenn die Gefahr einer HIV-Infektion bestünde. Hes Antwort: „Ich würde es zumindest ausprobieren.“

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