Sender rudert zurück Täter mit dunkler Hautfarbe: "Aktenzeichen XY" zeigt Beitrag doch

DORTMUND · Am 2. September zeigt die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall eines mutmaßlichen Vergewaltigers. Nachdem dies zwischenzeitlich verworfen wurde, rudert der Sender nun zurück.

Die ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ wird trotz erster Bedenken der Produzenten einen Beitrag über einen mutmaßlichen Vergewaltiger mit dunkler Hautfarbe bringen. Das ZDF teilte gestern mit, der Fall einer Vergewaltigung in Dortmund im vergangenen Jahr werde wie ursprünglich geplant am 2. September in der Sendung vorkommen. „Die Hautfarbe oder andere Persönlichkeitsmerkmale eines mutmaßlichen Täters spielen dabei keine Rolle“, hieß es.

Die Produktionsfirma Securitel bestätigte auf Anfrage, dass sie den Beitrag zunächst nicht senden wollte. Die Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ hatten zuvor berichtet, Redaktionsleiterin Ina-Maria Reize-Wildemann habe dies mit aktueller Stimmungsmache gegen Flüchtlinge begründet. „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen und keine schlechte Stimmung befördern. Das haben diese Menschen nicht verdient“, zitierte die Zeitung Reize-Wildemann.

DJV: "Die richtige Entscheidung"

Nach ZDF-Angaben korrigierten Redaktion und Produktionsfirma inzwischen diese Entscheidung. Ein Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) erklärte in Berlin zu dem Beschluss, den Fernsehbeitrag nun doch zu bringen: „Das war die richtige Entscheidung. Journalisten dürfen sich nicht von einem gesellschaftlichen Mainstream leiten lassen.“ Die Dortmunder Polizei hatte bedauert, dass der Beitrag nicht ausgestrahlt werden sollte.

Die Ermittlungen hätten aus ihrer Sicht nicht weitergetrieben werden können. Aber: „Wir haben nicht die Absicht, die Entscheidung einer Redaktion zu beeinflussen“, betonte eine Polizeisprecherin gestern Mittag, bevor klar wurde, dass der Beitrag doch läuft. Den Fahndungsaufruf mit Fotos des Verdächtigen von einer Überwachungskamera in einer S-Bahn halten die Beamten für gerechtfertigt. Der Mann war von Zeugen identifiziert worden.

Im Internet rief die Angelegenheit einen Sturm der Entrüstung hervor: „Straftat ist Straftat. Da sollte man jetzt nicht differenzieren müssen, wer diese begangen hat“, schrieb beispielsweise ein User auf der Facebook-Seite des General-Anzeigers. Und ein anderer meint: „Jemanden aufgrund seiner Hautfarbe anders zu behandeln als Andere, ist in meinen Augen Rassismus und somit nicht richtig.“

Kodex des Deutschen Presserates

Der Deutsche Presserat gibt zumindest Print-Journalisten übrigens in diesem Kontext eine Linie vor. So soll in der Berichterstattung über Straftaten die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden, wenn für das Verständnis des Falls ein begründbarer Sachbezug besteht. Diese Abwägung gehört zum journalistischen Alltag. Doch dass ein Thema wegen möglicher Diskriminierung ganz wegfällt, ist ungewöhnlich.

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