Fünf Jahre nach dem „Raabschied“ Warum Fans sich eine Rückkehr von Stefan Raab wünschen

Köln · Stefan Raab ist zu einem Fernseh-Phantom geworden: Man weiß, dass es ihn noch gibt, aber man sieht ihn nicht mehr. Und das schon seit fünf Jahren. Viele Fans fordern seine Rückkehr. Die Frage ist: Warum eigentlich?

 Moderator Stefan Raab im Studio seiner ProSieben-Show "TV Total".

Moderator Stefan Raab im Studio seiner ProSieben-Show "TV Total".

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Stefan Raab ist jetzt so etwas wie der TÜV, er verleiht Gütesiegel. Zu sehen war das im Herbst, als die Show „FameMaker“ auf ProSieben lief. Noch vor dem eigentlichen Beginn knallte eine Grafik auf den Bildschirm. Abgebildet: Raab. Und der Text „Präsentiert von Stefan Raab. Er sitzt wirklich in der Regie und frisst Chips.“

Dass ein Sender mit einem Moderator wirbt, der in einer Show gar nicht auftaucht, sondern offenkundig Snacks verdrückend durch die Kulissen geistert, sagt viel über den Status, den man dem einstigen Metzger-Lehrling aus Köln-Sülz nach seinem Rückzug vom Bildschirm heute zuschreibt. Es ist der eines Heilsbringers, der gerade durch sein Nichterscheinen noch größer wird. Man kennt das aus Religionen.

Der „Raabschied“ liegt genau fünf Jahre zurück, der Tag jährt sich am Samstag (19. Dezember). Raab trat damals ein letztes Mal in „Schlag den Raab“ an. Im Sommer zuvor hatte er verkündet, seine „Fernsehschuhe“ zum Jahresende „an den Nagel hängen“ zu wollen. Die Abschiedsworte des Meisters in dieser dunklen Dezember-Nacht: „Machen Sie's gut, vielen Dank, ich hoffe, Sie hatten ein bisschen Spaß.“ Danach zog sich Raab zurück und man wusste erstmal überhaupt nicht, was er so treibt. Interview-Wünsche wurden höflich abgelehnt.

Mittlerweile hat sich der Schleier ein wenig gehoben. Raab ist als Produzent und Ideengeber weiter im TV-Geschäft, vor allem für seinen alten Haussender ProSieben („Das Ding des Jahres“, „FameMaker“). Als der reguläre Eurovision Song Contest in diesem Jahr ausfiel, stampfte der „Raabinator“ den alternativen „Free European Song Contest“ aus dem Boden. Für die Konkurrenz von RTL mit ihrem Streamingdienst TVnow produzierte er „Täglich frisch geröstet“.

Auffällig ist aber stets, mit welch sehnsuchtsvollen Kommentaren ein Auftritt von Raab selbst herbeigewünscht wird, vor allem in den sozialen Netzwerken. Am größten waren die Spekulationen wohl beim „Free ESC“. Wo, wenn nicht dort, sollte der ESC-Verrückte Raab zurückkehren? Am Ende sang dann Helge Schneider (65) für Deutschland an. Toll, aber auch ein bisschen wie ein Festtagsmenü, das vor der Torte abgebrochen wird.

Die Verehrung hat natürlich mit Raabs Arbeit zu tun. Mit ihm verschwand ein Typus vom Bildschirm, dem scheinbar allein mit Willenskraft Shows in eine neue Sphäre ziehen konnte. Man kann den „King of Kotelett“ zu den innovativsten Fernsehmachern Deutschlands aller Zeiten zählen.

Zum anderen gibt es biografische Gründe. Die heutige Generation ab 30 ist mit Raab groß geworden, viele durften für „TV total“ zum ersten Mal länger aufbleiben, auch weil die Eltern nie genau verstanden, was der Kerl in Jeans und hellblauem Hemd da genau trieb. Und umso länger diese Zeit zurück liegt, desto mehr greifen die Gesetze der Nostalgie. Vorsichtig gesagt: Vor allem in seinen letzten Jahren war „TV total“ auch nicht nur brillant.

Also, warum keine Rückkehr? Dass es Raab irgendwie in den Fingern zu jucken scheint, konnte man beobachten, als er mit einer Bühnenshow in Köln auftrat, jenseits des Fernsehens. „Ich hoffe nicht, dass Stefan Raab zurückkommt. Er würde sich selbst schaden“, sagt allerdings Marcus S. Kleiner, Professor für Medienwissenschaft an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Er verweist auf Thomas Gottschalk (70), der nach „Wetten, dass..?“ mal mehr und mal weniger erfolgreich weitermachte. „Das würde Raab genauso gehen“, sagt Kleiner. Sein Humor erreiche nicht mehr die junge Generation.

 „Schlag den Raab“ ist nur eine der vielen Fernseherfindungen des Kölners.

„Schlag den Raab“ ist nur eine der vielen Fernseherfindungen des Kölners.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Raab hatte zudem das Glück, in einer Zeit groß zu werden, die fernsehmäßig noch einigermaßen übersichtlich war. Auch das begünstigt Helden-Bildung. „Joko und Klaas sind sehr erfolgreich, sie werden aber später nicht diesen Ikonen-Status haben, den Gottschalk oder Raab haben“, glaubt Kleiner. Die langfristige Bindung an einen Unterhalter gebe es heute nicht mehr. „Die Zeit des Kults für Fernsehfiguren ist mit Stefan Raab gestorben.“

Bei ProSieben ist man immer noch Fan von „König Lustig“. „Seine Leidenschaft spürt man in jeder Show, die er produziert“, sagt Chef Daniel Rosemann. Man freue sich auf viele neue Ideen im nächsten Fernsehjahr - etwa auf den zweiten „Free European Song Contest“. Am 19. Dezember wird eine Folge des „Schlag den Raab“-Ablegers „Schlag den Star“ zu sehen sein. „Und Stefan Raab wird als Produzent sicher mit ein paar Chips in der Regie sitzen“, sagt Rosemann.

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