Berühmt durch Songs wie "Ain't That A Shame" Zum Tod der Blues-Legende Fats Domino

New Orleans · Blitzschnell sausten seine Finger über die Tastatur, wenn Fats Domino sich ans Klavier setzte. Mit seiner unverkennbaren Stimme wurde er zu einer prägenden Figur von Blues und Rock'n'Roll. Nun ist er im Alter von 89 Jahren gestorben.

 Der Musiker Fats Domino steht am 16.10.2005 nach dem Hurrikan Katrina vor seinem Büro in New Orleans, aus dem er nur drei seiner 21 Goldenen Schallplatten retten konnte.

Der Musiker Fats Domino steht am 16.10.2005 nach dem Hurrikan Katrina vor seinem Büro in New Orleans, aus dem er nur drei seiner 21 Goldenen Schallplatten retten konnte.

Foto: dpa

Einem Schwergewicht wie Antoine Dominique Domino, das war allen im Nachhinein klar, konnte auch eine Naturgewalt wie "Katrina" nichts anhaben. Als der verheerende Hurrikan 2005 über New Orleans hinwegfegte, wurde der damals 77-jährige Miterfinder des Rock'n'Roll lange Zeit vermisst.

Dann kam die erlösende Nachricht: Ein Helikopter hatte den gemeinsam mit acht Geschwistern in einer tief gläubigen kreolischen Familie aufgewachsenen Musiker, der sich den Spitznamen "Fats" gab, rechtzeitig vom Dach seines Hauses in der Coffin Street im stolzen, schwarzen Arbeiterviertel Lower Ninth Ward gerettet. Und damit ein wunderbares lebendes Fossil, ohne dass die Welt der Musik früh ärmer geworden wäre.

Was sie nun ist: Der Mann, der Perlen wie "Blueberry Hill", "Ain't That A Shame", "Jambalaya", "I'm Walking" und "My Blue Heaven" erschuf, ist am Mittwoch gestorben. Er wurde von seiner Familie im Haus gefunden. Das bestätigte ein Gerichtsmediziner. Fats Domino, Jahrgang 1928, wurde 89 Jahre alt.

Fats Domino
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Seinen Durchbruch feiert er mit 20. Das Plattendebüt "The Fat Man" wird über Nacht zum Millionenerfolg. Der Titel entsteht 1949, noch bevor der Terminus Rock 'n' Roll überhaupt geprägt ist und Elvis Presley und Bill Haley ihn populär machen sollten. Danach geht Domino eine fruchtbare Kooperation mit dem Trompeter Dave Bartholomew ein. Zusammen wird das Duo zur Hitmaschine. Zwischen 1955 und 1964 schafft es der in sich ruhende Fließbandarbeiter 65 Mal in die Top 40. Für 23 Singles wird er mit Gold belohnt. "Ain't That A Shame" lässt den dicken, freundlichen Schwarzen auch beim weißen Teeniepublikum gewinnen. Zeitweilig verkauft Fats Domino sogar mehr Platten als Elvis.

Dabei hätte alles ganz anders kommen können. Als junger Mann arbeitete Domino in einer Bettenfabrik. Ein Arbeitsunfall hätte ihn fast seine Finger gekostet. Erst mit dem kometenhaften Aufstieg der Beatles und der Rolling Stones sinkt allmählich sein Stern. 1968 gelingt ihm mit "Lady Madonna" (von den Beatles) der letzte Hitparaden-Erfolg. Die Rock 'n' Roll Hall of Fame nimmt Domino 1986 auf, 2003 folgt das andere Pantheon, die Blues Hall of Fame. 1979 setzt er sich mit "Sleeping On The Job" zur Ruhe; jedenfalls im Studio. 1987 wird er mit dem Grammy für sein Lebenswerk prämiert, 2004 verortet das Musikfachblatt "Rolling Stone" ihn in der Rangliste der größten Musiker aller Zeiten auf Platz 25.

Begründung: Domino hat am Klavier die Brücke zwischen R&B und Rock 'n' Roll gebaut. Er führte ein weißes Publikum an die schwarze Musik heran. Und er gab als Pianist und herausragender Performer einen ganzen Generation von Tastenzauberern den Ton vor. Wohl wahr. Was der Zweieinhalb-Zentner-Mann am weiß gestrichenen Boogie-Klavier bis weit in die 90er Jahre auch auf deutschen Bühnen bei Livekonzerten anstellte, war regelmäßig so energiegeladen, schweißtreibend und stillprägend, dass sich andere Giganten ständig vor ihm verneigten. Sein deftiges Gemisch aus Louisiana-Blues, Cajun, Country und Boogie inspirierte Könner wie Willy DeVille und Dr. John.

Zum 80. Geburtstag brachten Paul McCartney, Allen Toussaint, Norah Jones, Elton John, Randy Newman und B. B. King das Doppelalbum "Goin' Home - A Tribute To Fats Domino" auf den Weg; eine hinreißende Hommage.

Dominos Lebensstil war einfach, aber üppig - in allem. Den Pfunden auf den Rippen standen neben ein pinkfarbener Cadillac Dutzende und weitere Wagen in der Garage, Hunderte schnieker Anzüge im Schrank und acht Kinder gegenüber, die er mit Ehefrau Rose Marie zeugte. Zu den liebenswürdigen Schrullen des Ausnahmekönners gehört die Treue zur heimischen Scholle. Reisen war nicht sein Ding. Selbst eine Anfrage für einen Auftritt im Weißen Haus in Washington beschied er einmal abschlägig. Begründung: Nirgends sei das Essen von Gumbo bis Jambalaya so gut wie im "Big Easy". Domino brauchte die Stadt New Orleans und ihr kreatives Flair wie die Luft zum Atmen.

Kurz nach Katrina stiftete er den Erlös einer neuen CD dem Wiederaufbau seiner Heimatstadt und dem Erhalt ihrer einzigartigen Musikkultur. Er selbst hatte im Sturm damals alles Hab und Gut verloren. Auch die vielen goldenen Alben.

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