Wahlen in EU-Ländern 2019 könnte zum Jahr rechter Populisten werden

Brüssel · Rechtspopulisten sind inzwischen in nahezu jedem EU-Land ein Bestandteil der politischen Landschaft. Die Warnungen vor einem Erstarken der Rechten im Europaparlament werden lauter.

 Kongress der ENF-Fraktion (von links): Marine Le Pen (FN), Matteo Salvini (Lega Nord), Geert Wilders (PVV), Harald Vilimsky (FPÖ) und Marcus Pretzell (damals AfD) im Januar 2017 auf der Bühne in Koblenz.

Kongress der ENF-Fraktion (von links): Marine Le Pen (FN), Matteo Salvini (Lega Nord), Geert Wilders (PVV), Harald Vilimsky (FPÖ) und Marcus Pretzell (damals AfD) im Januar 2017 auf der Bühne in Koblenz.

Foto: dpa

Von einem „D-Day“ und dem „Anfang unserer Befreiung“ war die Rede. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders wählte wieder einmal große Worte, als sich vor vier Jahren rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien aus sieben Ländern im Europäischen Parlament zusammengefunden hatten. Endlich kam eine Fraktion mit 37 Mitgliedern zustande, die ENF (Europa der Nationen und der Freiheit). Im großen Rund der bisher 751 Europa-Abgeordneten blieb die Rechte jedoch eher kraftlos.

Das könnte sich ändern. Rechtspopulisten sind inzwischen in nahezu jedem EU-Land ein Bestandteil der politischen Landschaft. In Italien, Österreich, Polen, Ungarn, der Slowakei, Dänemark sowie Finnland stellen oder unterstützen sie die Regierung. Das große Thema Migration, an dem beim Europa-Wahlkampf kaum ein Weg vorbeiführt, dürfte die Parteien nach oben spülen. Von bis zu 20 Prozent der Mandate ist die Rede. Da das Parlament wegen der ausscheidenden Briten auf 705 Volksvertreter schrumpft, verschieben sich die Gewichte. Manfred Weber (CSU), der christdemokratische Spitzenkandidat, hat ebenso wie sein sozialdemokratischer Kollege Frans Timmermans den Urnengang zu einem Entscheid über den Fortbestand Europas ausgerufen.

2019 als Jahr der Rechten

Tatsächlich könnte 2019 zum Jahr der Rechten werden – selbst wenn sie bei den Wahlen in den 27 Mitgliedstaaten kaum zulegen. Aber die Kräfteverhältnisse ändern sich. Als potenzielle Partner von Wilders und der Französin Marine Le Pen vom Rassemblement National, der österreichischen FPÖ und der italienischen Lega sowie des belgischen Vlaams Belang könnten weitere Parteien hinzukommen. Ob dazu auch die ungarische Regierungspartei Fidesz gehört, die bisher in den Reihen der christdemokratischen EVP sitzt, aber wohl bald mit ihrem Rauswurf rechnen muss, scheint noch offen.

Unklar ist auch, wie sich der Auszug der Briten auswirkt, die bisher in der ECR-Fraktion der Reformer Platz genommen haben, aber eine Lücke reißen. Stattdessen wird diese Gruppierung wohl künftig von der polnischen Regierungspartei PiS dominiert. Und auch die Zukunft der EFDD (Europa für Freiheit und Demokratie), der sich der einzige verbliebene AfD-Abgeordnete Jörg Meuthen angeschlossen hat, ist nicht erkennbar. Denn diese Parteiengruppe wird Brexit-Betreiber Nigel Farage und seine Unterstützer verlieren. Dass sich aber eine erstarkte Rechte von Wilders bis Meuthen zusammenfinden könnte, gilt als unwahrscheinlich. Zu groß sind die Differenzen der Nationalisten untereinander.

EU-Gegner sind verteilt

Das lindert die Gefahr allerdings nicht, weil die EU-Gegner quer über die Fraktionen des Hauses verteilt sind. „Ich glaube, die Rechten werden bei der nächsten Wahl sehr stark werden“, sagte der französische Europa-Abgeordnete Thierry Cornillet von den Liberalen, der mit Macrons Partei LREM sympathisiert, ohne ihr anzugehören. „Deshalb ist es wichtig, dass wir als die Moderaten und EU-Befürworter auch sehr stark werden.“

Die Auswirkungen würden für Europa dramatisch ausfallen. Zwar wäre eine erstarkte Rechte weit von einer Mehrheit im Parlament oder den wichtigen Ausschüssen entfernt. Aber sie könnte Beschlüsse blockieren, Vereinbarungen ausbremsen oder die Integration einfach sabotieren, heißt es in Brüssel. Das beträfe keineswegs nur Reizthemen wie Zuwanderung, sondern vor allem das erste Mammutvorhaben der nächsten Legislaturperiode: die Erstellung eines mehrjährigen Finanzrahmens für die sieben Jahre ab 2021. Denn ohne das Europäische Parlament und seine Zustimmung geht da gar nichts. Eine Mehrheit ohne die Rechten wird dringend gebraucht.

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