Kommentar zur Nord Stream 2 Abhängig

Meinung | Berlin · Es ist verständlich, dass die EU-Partner gelinde gesagt sauer auf die Bundesregierung sind. Denn der jetzt gefundene Kompromiss ist nichts anderes als eine von Deutschland erzwungene Sonderregelung.

Es stimmt: Deutschland bleibt von russischem Gas abhängig. Richtig ist auch: Berlin hat Nord Stream 2 gegen berechtigte Bedenken seiner europäischen Partner durchgedrückt. Dass ein ehemaliger deutscher Bundeskanzler eine Schlüsselrolle spielte und sich damit durchaus verständliche Vorwürfe wegen Interessenvermischung und Käuflichkeit zuzog, kann man auch nicht vom Tisch wischen. Kein Wunder also, dass unterm Strich die EU-Partner gelinde gesagt sauer auf die Bundesregierung sind, die zwar oft von europäischer Solidarität spricht, aber ihr Handeln eben doch nach rein nationalem Interesse ausrichtet.

Der jetzt gefundene Kompromiss ist nichts anderes als eine von Deutschland erzwungene Sonderregelung. Denn die ursprünglich geplanten Vorschriften der Gasrichtlinie entsprechen der bisherigen europäischen Argumentation: Leitung und Lieferung sollen nicht in der gleichen Hand sein. Bei der Energie eine Ausnahme zu machen, erscheint zumindest riskant.

Das strategische Problem dieses Projektes liegt nicht allein bei Nord Stream 2. Es ist vielmehr die politische Großwetterlage, über die sich Deutschland und die EU klar werden müssen. Nachdem Moskau zwei Mal die Ukraine und in der weiteren Konsequenz auch die EU durch blockierte Gas-Lieferungen unter Druck gesetzt hatte, wollte Europa seine Lieferanten wechseln. Partner wie Aserbaidschan und Kasachstan wurden als Energie-Verkäufer entdeckt. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass die Eurasische Union am langen Arm Moskaus hängt. Zusammen mit Nord Stream 2 und den übrigen Gas-Pipelines ergibt sich tatsächlich eine Abhängigkeit, die größer geworden ist – und die Russland sehr wohl nutzen kann, wenn es sein strategisches Langzeit-Ziel erreichen will: die Spaltung des mächtigen EU-Blocks.

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