Fromm und diplomatisch Annette Schavan soll Botschafterin im Vatikan werden

MÜNCHEN · Vom Job des deutschen Botschafters im Vatikan schwärmte schon Willy Brandt. "Ist doch herrlich, leben in Rom, gutes Essen, Reichtum an Kultur und kluge Gesprächspartner", sagte der SPD-Politiker einmal. Den so gepriesenen Posten soll nun Annette Schavan bekommen.

Anders als Brandt dürften die 58-Jährige weniger die weltlichen, als mehr die religiösen Aspekte reizen: Schavan entspricht ganz dem Klischee der frommen Katholikin.

Dass sie gefragt wurde, ist plausibel: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Schavan dankbar, dass sie in der Plagiatsaffäre trotz ihres bis heute anhaltenden Kampfs um ihren entzogenen Doktortitel am Ende selbst aufgab und damit die zähe Debatte beendete.

Den Ministerposten verlor Schavan zwar, aber die Gunst der mit ihr befreundeten Merkel behielt sie. Falls das Bundeskabinett Schavan als Nachfolgerin des vor dem Wechsel in den Ruhestand stehenden Botschafters Reinhard Schweppe bestätigt, dürfte es für sie ein Traumjob sein.

Als Botschafterin wäre sie für die Kontaktpflege zur Kurie der katholischen Kirche zuständig, der direkte Austausch mit dem Papst und den Kardinälen würde Teil ihres Aufgabengebiets. Eine größere Nähe zum Innenleben der katholischen Kirche ist für einen deutschen Laien schlicht unmöglich.

Anders als Schweppe verfügt Schavan zwar nicht über eine diplomatische Ausbildung. In ihrer fast acht Jahren dauernden Zeit als Bundesministerin für Bildung und Forschung behauptete sie sich aber mit großem diplomatischen Geschick und Hartnäckigkeit auf diesem durch den Bildungsföderalismus so komplizierten Feld. Vor dem Aufkommen der Plagiatsvorwürfe war Schavan eine anerkannte Ministerin.

Für die Kurie in Rom dürfte Schavan als Botschafterin eine kompetente Gesprächspartnerin sein. Die am 10. Juni 1955 in Jüchen im Kreis Neuss geborene Politikerin studierte unter anderem katholische Theologie und machte ihre ersten Karriereschritte in kirchlichen Einrichtungen.

Sie war Referentin im katholischen Cusanuswerk, dann Abteilungsleiterin im Bistum Aachen, danach bis 1995 Geschäftsführerin und Leiterin des für die Studienförderung verantwortlichen Cusanuswerks. Von 1994 bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 2005 war sie zudem Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, der katholischen Laienorganisation.

Dieser Stallgeruch schützte sie allerdings nicht vor Kritik aus der Kirche. Als der CDU-Parteitag 2007 einen Beschluss für eine Lockerung des Stammzellengesetzes traf, warf der Kölner Kardinal Joachim Meisner der damaligen stellvertretenden CDU-Chefin Prinzipienlosigkeit und einen Missbrauch des Wortes "katholisch" vor.

In ihrem Leben abseits der Politik zeigte Schavan eine Frömmigkeit, wie sie heutzutage selten ist. Sie ist eine treue Kirchgängerin und tief im Gebet verwurzelt. So nimmt sie täglich am Stundengebet teil. "Es ist meine Quelle der Kraft und Gelassenheit", sagte Schavan einmal. Und: Ihre Ehe- und Kinderlosigkeit hindere sie auch nicht an einem erfüllten Leben.

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