Klimakonferenz Cop23 Auf der Suche nach neuen Regeln

Bonn · Die Bonner Klimakonferenz endet mit einer gemischten Bilanz. Es gibt Fortschritte auf dem Weg zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, aber auch eine Reihe offener Fragen und Kritik am Gastgeber Deutschland, der seine Klimaschutzziele verfehlt.

Mitte der Woche stand Deutschland auf der Klimakonferenz plötzlich am Pranger: Seit der Bonner Klimakonferenz 1999 kürt das Climate Action Network auf den Cops alltäglich das „Fossil des Tages“, ein Land also, das im Klimaschutz kräftig auf die Bremse tritt. Früher waren das mit schöner Regelmäßigkeit vor allem Saudi-Arabien oder die USA, nun war Deutschland dran: Weil 2017 hier die Treibhausgasemissionen wieder gestiegen sind und die Klimaschutzziele für 2020 verfehlt werden.

Die einstige Klimakanzlerin höre lieber der Kohle- oder Autoindustrie zu statt auf die Stimmen von Bürgern, die sich für ambitionierten Klimaschutz starkmachen. Deutschland, der frühere Klimaschutzvorreiter, unter dem Druck von Nichtregierungsorganisationen, aber auch von Delegierten, die fragten, warum klappt das nicht mit dem Kohleausstieg, warum verfehlt ihr eure selbstgesteckten Ziele – auch das gehört zur Bilanz von zwei Wochen Klimakonferenz in Bonn.

Die Verleihung des „Fossils des Tages“ gehört zu den amüsanten Minuten auf Klimakonferenzen, die sonst nicht im Ruf stehen, besonders unterhaltsam zu sein. So spröde und komplex ist das Thema, dass selbst ausgewiesene Experten wie Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Umweltministerium, bisweilen bei Fragen zu den Details der Verhandlungen passen müssen: „Ich brauche Fachleute, damit ich sie verstehe“, sagte er dieser Tage zu den Fortschritten beim sogenannten Regelbuch zum Pariser Abkommen.

Tatsächlich macht sich bei den Antworten auf die Frage, was denn bei der Cop23 erreicht wurde, alles andere als Euphorie breit. Das berühmte Regelbuch für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens wurde vorangebracht, alles andere wäre aber auch eine grandiose Pleite gewesen. Was diese Fortschritte wert sind, wird sich ohnehin erst im Laufe des kommenden Jahres erweisen, wenn weiter an der Konkretisierung der jetzt vorliegenden Textsammlungen gearbeitet wird.

Ansonsten liegen die alten Streitpunkte weiter auf dem Tisch: Bis zuletzt wurde – wie eigentlich immer bei Klimakonferenzen – über Finanzierungsfragen diskutiert und über die Frage, wie man dem Themenkomplex Schäden und Verluste durch die Folgen des Klimawandels wie extreme Wetterereignisse größere Bedeutung verleihen kann. Dass sich die Entwicklungsländer nicht mit der von Deutschland vorangetriebenen Versicherungslösung abspeisen lassen werden – so wichtig diese auch ist –, liegt auf der Hand.

Und bei allen Finanzfragen bleibt es bei dem tiefsitzenden Misstrauen der armen gegenüber den reichen Ländern: Sie wollen klare Regeln und vor allem Transparenz, um zu vermeiden, dass getrickst und getäuscht wird. Erfahrung macht klug: In der Vergangenheit hat sich schon oft genug gezeigt, dass Summen nur auf dem Papier stehen und Beträge doppelt gerechnet werden, um Zusagen zu erreichen.

Aber gerade weil das Thema so kompliziert ist, sind Konferenzen wie diese in Bonn so wichtig. Wo sonst sollen Fragen von wirklich globaler Bedeutung, bei denen es um die Zukunft der Menschheit geht, gelöst werden? Die beste Nachricht von der Cop23 ist denn auch, dass sie eine beeindruckende Absage an Donald Trump und dessen Mein-Land-zuerst-Strategie war. Und ein Glücksfall war, dass mit Fidschi erstmals ein Vertreter der so gefährdeten kleinen Inselstaaten Präsident einer Klimakonferenz war und den Sorgen der am meisten gefährdeten Länder eine bisher ungekannte Aufmerksamkeit verschaffte. Aber Aufmerksamkeit allein reicht nicht. Die Staaten müssen ihre Klimaschutzverpflichtungen deutlich erhöhen, wenn die kleinen Inselstaaten überleben sollen. Der von Fidschi angestoßene „Talanoa-Dialog“ soll im kommenden Jahr den Weg dazu ebnen. Hoffentlich ist er erfolgreich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort