Einsatz in Afghanistan 21 Staaten sagen in Berlin mehr Unterstützung zu

Berlin · Noch einmal will sich Ursula von der Leyen (CDU) nicht von den Taliban düpiert sehen. Im September hatten die radikal-islamischen Religionskrieger die nordafghanische Stadt Kundus, in der die Bundeswehr bis 2013 ein Feldlager betrieb, quasi ohne Gegenwehr erobert.

An einem Feiertag nahmen die Taliban ohne nennenswerte Gegenwehr die Stadt mit ihren rund 300 000 Einwohnern ein, ehe afghanische Truppen mit US-Unterstützung Kundus zurückeroberten. Der Feldzug der Taliban war in der Nato gemeinhin als deutlicher Beleg dafür verstanden worden, dass die Allianz ihre Mission "Resolute Support" so schnell nicht würde beenden können.

Im Gegenteil: Vergangene Woche erst hatte die Bundesregierung beschlossen, die Afghanen mit ihrem deutschen Beitrag für die Nato-Mission "Resolute Support" aufzustocken. Statt bislang bis zu 850 Soldaten sollen künftig bis zu 980 deutsche Soldaten afghanische Regierungstruppen trainieren. Der größte Zeil wird im nordafghanischen Masar-i-Scharif stationiert, ein kleiner Teil in der Hauptstadt Kabul. In der Nato gilt als ausgemacht, dass die afghanische Armee zur Stabilisierung der Lage stärker unterstützt werden muss.

Ende 2014 hatte die Nato ihre letzten Kampftruppen aus dem Land am Hindukusch abgezogen, weil die Afghanen irgendwann alleine für ihre Sicherheit sorgen sollen. Doch nun vollzieht von der Leyen eine Wende, wenn auch keine substanzielle. Entschlossene Unterstützung, wie die Nato ihre Mission getauft hat, soll auch mit dem neuen Mandat für 2016, das der Bundestag noch beschließen muss, keine Kampfeinsätze deutscher Soldaten bedeuten. Die Aufstockung ist eine Konsequenz aus dem Wiedererstarken der Taliban.

Von der Leyen sagte nach einer Konferenz der 21 Truppensteller-Nationen im afghanischen Nordsektor gestern in Berlin: "Der Charakter des Einsatzes wird sich nicht ändern." Die Bundeswehr werde auch mit dem nächsten Afghanistan-Mandat "weiter ausbilden. Denn es gibt viel zu tun." Die Lehren aus dem kurzfristigen Fall von Kundus seien gezogen: Afghanische Sicherheitskräfte würden weiter auch in der Fläche trainiert. Mit dem neuen Mandat soll es aber auch möglich sein, Hubschrauber zur Rettung aus der Luft einzusetzen. "Afghanistan wird noch lange den Rückhalt der Nato brauchen", sagte die deutsche Verteidigungsministerin. Der Wille zur Versöhnung müsse aber aus der Mitte des afghanischen Volkes kommen. "Wir wollen ein starkes Signal der Verlässlichkeit an die afghanische Bevölkerung senden, dass wir an ihrer Seite stehen", betonte die CDU-Politikerin. Von den rund 1 500 im Nordsektor eingesetzten Soldaten sind knapp 800 Deutsche. Deutschland ist Führungsnation im Norden Afghanistans.

Der afghanische Verteidigungsminister Mohammed Masoom Stanekzai betonte bei der Truppensteller-Konferenz in Berlin, dass die internationale Gemeinschaft in Afghanistan zusammenstehen müsse. Afghanistan leide seit Langem unter dem Terror und sei entschlossen, diesen zu bekämpfen. Zum Einsatz der afghanischen Truppen sagte Stanekzai: "Sie machen ihre Arbeit. Sie übernehmen Verantwortung." Er ließ allerdings unerwähnt, dass die kurzfristige Einnahme von Kundus durch die Taliban unter anderem dadurch möglich geworden war, dass ein großer Teil der afghanischen Truppen wegen eines muslimischen Feiertages einfach ihre Posten verlassen hatte.

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