Afghanistan Abdul Raschid Dostum zurück in Kabul

Islamabad · Nach der Rückkehr des afghanischen Vizepräsidenten Abdul Raschid Dostum aus einem einjährigem Exil geht in Kabul das große Zittern los.

 Umringt von Sicherheitskräften trifft Abdul Raschid Dostum (Mitte) am 22. Juli auf dem Flughafen in Kabul ein. Wenig später explodiert dort eine Bombe, die mehr als 20 Menschen das Leben kostet und über 100 verletzt.

Umringt von Sicherheitskräften trifft Abdul Raschid Dostum (Mitte) am 22. Juli auf dem Flughafen in Kabul ein. Wenig später explodiert dort eine Bombe, die mehr als 20 Menschen das Leben kostet und über 100 verletzt.

Foto: AFP

Die Beispiele seiner Brutalität sind Legende. Ganz Afghanistan weiß, dass General Abdul Raschid Dostum dem Alkohol verfallen ist. Im Krieg gegen die radikalislamischen Talibanmilizen diente er den USA im Jahr 2001 als wichtige Stütze. Dostum wird nachgesagt, er habe seine erste Frau ermorden lassen. Am vergangenen Wochenende wurde er am Flughafen von Kabul von einer Regierungsdelegation mit offenen Armen empfangen.

Der berüchtigte Kriegsfürst aus Schiberghan in der afghanischen Nordprovinz Jowzschan mag unberechenbar sein. Afghanistans Präsident Ashraf Ghani gestattete Dostum, der seit 2014 afghanischer Vizepräsident in der Regierung der Nationalen Einheit ist, nach einjährigem Exil in der Türkei die Heimkehr. Er braucht Dostum trotz dessen Hang zu Verschwörungen als Alliierten.

Ahmad Eshchi, der seit 2016 unter Polizeischutz in einem heruntergekommenen Haus in Kabuls Diplomatenviertel Wazi Akhbar Khan lebt, verstärkte prompt die Zahl der von ihm selbst bezahlten Leibwächter. „Ich weiß, wovor ich mich fürchten muss“, sagte der etwa 60-jährige Unternehmer aus Schiberghan gegenüber dieser Zeitung, „ich war einmal Dostums Verbündeter.“

Seit der politische Pakt zwischen den beiden begraben wurde, kennt Dostums Rachsucht offenbar keine Grenzen. Kaum erblickte der Kriegsfürst im Jahr 2016 Eshchi unter den Zuschauern eines wilden Buzkaschi-Turniers, bei dem Reiter einem toten Schaf hinterherjagen, schickte Dostum zehn seiner Leibwächter los. Sie ließen Eshchi in einem Verlies unter Dostums Palast verschwinden. „Ich wurde zehn Tage lang vergewaltigt und misshandelt“, erklärte Eshchi nach seiner Freilassung unter anderem auch gegenüber dieser Zeitung.

Terrormiliz "Islamischer Staat" reklamiert Anschlag für sich

Mit dem Anschlag vor Kabuls Flughafen will er nichts zu tun haben. Denn Dostums Heimkehr nach einem Jahr Abwesenheit im türkischen Exil wäre um ein Haar zu seiner letzten Reise geworden. Mehr als 20 Menschen wurden am Flughafeneingang von Kabul getötet, als kurz nach der Ankunft des Kriegsfürsten ein Selbstmordattentäter eine Bombe zündete. 90 Menschen wurden verletzt.

Neun Todesopfer gehörten zu den Leibwächtern des blutrünstigen Kriegsfürsten. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) reklamierte den Anschlag für sich. „Kaum war ich auf afghanischem Boden, machte es bumm“, witzelte Dostum über den Anschlag, als er seine palastähnliche Villa ein paar Hundert Meter von dem Haus entfernt erreichte, in dem Eshchi fassungslos Nachrichten über die Heimkehr seines Peinigers verfolgte.

Eshchi, der aus Furcht um sein Leben von Schiberghan nach Kabul kam, möchte nicht schon wieder flüchten: „Ich will, dass Dostum bestraft wird.“ Aber auf eine Verurteilung des Kriegsfürsten wird er wohl lange warten und sich statt dessen mit einer Strafe gegen dessen Chefleibwächter zufriedengeben müssen.

Dostum ist wichtig für Präsident Ashraf Ghani. Das Staatsoberhaupt braucht den unberechenbaren Wüterich als Verbündeten gegen Masar-i-Sharifs ehemaligen Gouverneur Atta Mohammed Nur, der im Norden Afghanistans eifrig Unterstützer sammelt. Denn im Oktober stehen lange hinausgeschobenen Parlamentswahlen an. Im kommenden Jahr muss Ghani selbst um seine Wiederwahl ringen. Außerdem wurde die Provinz Jowzschan zu einer Bastion des „Islamischen Staats“ (IS). „Wenn Dostum zu Hause wäre, würden wir auch besser gegen diese Leute kämpfen“, behauptete einer seiner Anhänger in Schiberghan gegenüber dieser Zeitung.

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