Herrenhaus Burg Altendorf Archivarin stellt Buch zur Stadtgeschichte vor - Ausstellung zum Ersten Weltkrieg

MECKENHEIM-ALTENDORF · Am 3. August 1914 wurde der Lüftelberger Johann Esser einberufen, um wie viele andere junge Männer aus der Region als Soldat an der Westfront des Ersten Weltkriegs für Kaiser und Vaterland zu kämpfen. Seine Erlebnisse hat Esser in einem Kriegstagebuch festgehalten.

Heute ziert ein Foto, das ihn mit Kameraden in Uniform zeigt, das neue Buch von Ingrid Sönnert. Unter dem Titel: "Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit", einem Schillerzitat, beleuchtet die Meckenheimer Stadtarchivarin "Die Bürgermeisterei Adendorf von 1914 bis 1929".

Auf etwa 100 reich bebilderten Seiten zeigt sie nicht die großen, politischen und militärischen Sachverhalte und Entscheidungen des Krieges, sondern vielmehr die Auswirkungen auf die Menschen in der Region. Sie berichtet von Not und Lebensmittelknappheit in der Bürgermeisterei Adendorf, zu der neben Meckenheim, Lüftelberg, Merl, Altendorf und Ersdorf auch Adendorf und Fritzdorf, Ortsteile der heutigen Gemeinde Wachtberg, gehörten. Auch von der Zeit nach dem Krieg handelt das Buch, von der Revolution 1918 und Inflation. Nicht zuletzt erinnert es an die 187 gefallenen Soldaten, die von ihren hiesigen Familien betrauert wurden.

Nun wurde das Werk von Bürgermeister Bert Spilles und Autorin Sönnert im Herrenhaus Altendorf vorgestellt. Gleichzeitig wurde eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg eröffnet, die Sönnert gemeinsam mit dem Verein "Meckenheimer Stadtmuseum und Kulturforum" realisiert hat.

"Nun liegt wieder ein Kapitel der Geschichte Meckenheims erforscht als Buch vor", freute sich Bürgermeister Spilles und mahnte, Erfahrungen aus der Vergangenheit zu bedenken, zu verstehen, zu diskutieren, um in der Gegenwart mögliche Gefahren zu erkennen und ihnen auszuweichen. "Wir haben die Möglichkeit einzugreifen, denn Geschichte wiederholt sich nicht automatisch. Dafür lohnt der Blick zurück", sagte er.

"Gelebte Versöhnung" nannte Spilles die Städtepartnerschaft Meckenheims mit Le Mée-sur-Seine in Frankreich. Er dankte den Sponsoren, der RWE Deutschland AG und dem Bürgerverein Meckenheim. Dank sagte er auch jenen, die durch das Bereitstellen von Fotos und Dokumenten an der Entstehung beteiligt waren.

Vor 100 Jahren, am 1. August 1914, habe Deutschland Russland den Krieg erklärt, begann Ingrid Sönnert ihren geschichtlichen Abriss. Bereits einen Tag später, am Sonntag, erfolgte die Mobilmachung. "Während man manchen gedienten Mann begeistert und drohend sagen hört 'Nun wollen wir sie dreschen', so sieht man schon einige besorgte Mütter und junge Frauen verstohlen eine Träne aus den Augen wischen", zitierte sie die Ersdorfer Schulchronik.

Johann Esser aus Lüftelberg war am 3. August nach Bonn einberufen worden, verbrachte bis zum 15. August die Zeit mit Wache, Übungen und Scharfschießen, um am 16. August mit seinem Bataillon ins lothringische Betting abzumarschieren.

"Alle glaubten, bis Weihnachten sei der Krieg vorüber", sagte Sönnert. Darum wurden auch bald schon in der Heimat Brot und Kartoffeln knapp. Die landwirtschaftliche Arbeit musste von Frauen und Kindern verrichtet werden. Haushaltsgegenstände aus kriegswichtigen Materialien wie Kupfer, Zinn oder Gummi wurden enteignet. Eine besonders schmerzliche Maßnahme sei die Abgabe der Kirchenglocken gewesen.

Die Ausstellung "Ein furchtbar wütend Schrecknis ist der Krieg" (ebenfalls ein Zitat aus Schillers "Wilhelm Tell") zeigt neben dem Kriegstagebuch von Johann Esser, das von seinem heute noch in Lüftelberg lebenden Sohn Willi Esser zur Verfügung gestellt worden ist, auch beispielsweise Sporen, eine Patronenhülse und die Offiziersuhr vom Meckenheimer Schmiedemeister Josef Eschweiler, die sein Enkel Wilfried Löhr auf seinem Dachboden gefunden hat.

Die Ausstellung

Die Ausstellung "Ein furchtbar wütend Schrecknis ist der Krieg" im Herrenhaus Burg Altendorf, Burgstraße 5, ist bis 14. September jeden Sonntag von 11 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung zu besichtigen. Weitere Infos unter www. stadtmuseum-meckenheim.de.

Das Buch

Ingrid Sönnert: "Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. Die Bürgermeisterei Adendorf von 1914 - 1929", Band 4 der Reihe "Beiträge zur Geschichte der Stadt Meckenheim", ISBN 978-3-9809491-1-8, zehn Euro, erhältlich im Stadtarchiv, Bahnhofstraße 25, Raum 2.12

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