Merkel in Baku Aserbaidschan will mehr Gas in den Westen liefern

Baku · Es war schon lange Zeit, dass die Kanzlerin in diese strategisch und wirtschaftlich wichtige Region im Südkaukasus reist. Es geht darum, deutsche und europäische Interessen zu wahren - in einer russischen Einflusszone.

 wird von Aserbaidschan Präsident Ilham Aliyev empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Präsidentenpalast in Baku.

wird von Aserbaidschan Präsident Ilham Aliyev empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Präsidentenpalast in Baku.

Foto: Kay Nietfeld

Aserbaidschan ist bereit, mehr Gas in die Europäische Union zu liefern. Präsident Ilham Aliyev zeigte am Samstag bei einem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Hauptstadt Baku Interesse an einem weiteren Ausbau der Lieferungen auf der Südschiene.

Zurückhaltend reagierte Aliyev auf die Frage, ob auch Turkmenistan sein Gas über Aserbaidschan nach Europa liefern könne. Das entscheide nicht er, sagte Aliyev.

Inzwischen sind die Chancen gestiegen, eben auch aus Turkmenistan Gas zu beziehen. Die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres legten vor kurzem ihren Streit über den rechtlichen Status des weltgrößten Binnengewässers weitgehend bei. Damit wäre eine Pipeline durch das Meer in Richtung Westen möglich. Allerdings ist noch eine der zentralen Fragen offen: die Aufteilung des Meeresbodens und des Untergrunds.

Mit dem Gas auf der Südschiene wolle die EU ihre Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland verringern, sagte Merkel. Die Bundesregierung will dafür Gaslieferungen des aserbaidschanischen Staatsunternehmens CJSC mit einer Garantie in Milliardenhöhe absichern.

Die Menge an Gaslieferungen in die EU sei ausbaubar, machte Merkel nun deutlich. Derzeit würden insgesamt 16 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr aus Aserbaidschan in Richtung Westen geliefert - 6 Milliarden Kubikmeter in die Türkei und die restlichen 10 Milliarden nach Europa, hatte es zuvor aus deutschen Regierungskreisen geheißen. Allerdings sei die Rechtssicherheit in dem Land am Kaspischen Meer noch verbesserungswürdig.

Merkel sprach bei dem Treffen auch die Menschenrechtslage in dem südkaukasischen Land an. Aliyev sagte zu, hier weiter im Gespräch mit Deutschland und der EU bleiben zu wollen. Aserbaidschan sei auf dem Weg der Demokratisierung.

Zuvor hatten der Sprecher der Grünen-Fraktion für Osteuropapolitik, Manuel Sarrazin, Merkel aufgefordert, in Aserbaidschan Verstöße gegen Menschenrechte anzusprechen. Sarrazin, der die Kanzlerin auf ihrer Reise begleitet, erklärte, das Interesse an Rohstoffdeals dürfe zu keinen Rabatten bei den Menschenrechten führen.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, appelliert ebenfalls an die Kanzlerin, in Baku Missstände in Menschenrechtsfragen zu thematisieren. Angesichts einer "insgesamt problematischen Menschenrechtslage" in dem autoritär regierten Land sei ein regelmäßiger und direkter Austausch mit der aserbaidschanischen Führung "sehr wichtig", sagte Kofler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag).

Merkel sicherte in Baku zu, die Bemühungen Deutschlands für eine politische Lösung des Konfliktes mit dem Nachbarn Armenien um die Region Berg-Karabach zu intensivieren. Die Region gehört eigentlich zu Aserbaidschan, wird aber von proarmenischen Kräften kontrolliert. Russland ist im Berg-Karabach-Konflikt die militärische Schutzmacht von Armenien.

Die Gespräche in Baku wurden belastet durch die Einreiseverweigerung für den CDU-Bundestagsabgeordneten Albert Weiler. Weiler war 2014 und 2016 in die Region Berg-Karabach gereist. Merkel entschied sich trotzdem für die Reise nach Baku. Denn Aserbaidschan sei in der Südkaukasusregion ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Faktor, sagte sie bei ihrem Besuch.

Von den drei ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien, Armenien und Aserbaidschan, die Merkel von Donnerstag bis Samstag auf ihrer Südkaukasusreise besuchte, steht die Führung in Baku Russland energiepolitisch am nächsten. Es wurde daher auch vermutet, dass Wladimir Putin genau hinschaut, wie viel Gas Aserbaidschan in die EU liefert.

Merkel hatte Armenien zuvor zu einer engeren Zusammenarbeit bei der Migration aus der Region nach Europa und Deutschland aufgefordert. Sie machte davon auch eine Liberalisierung der Visumspflicht für Armenier abhängig.

Die Kanzlerin hatte eine Tanne am armenischen Völkermord-Denkmal in Eriwan gepflanzt, ohne den Begriff "Völkermord" selbst zu benutzen. Sie habe das "im Geiste der Resolution des Bundestages von 2016" getan. Es sei keine juristische Aussage gewesen. Damals gab es massive Proteste der Türkei, die einen Völkermord an den Armenier im Osmanischen Reich vehement bestreitet. Die Völkermord-Gedenkstätte Zizernakaberd (Schwalbenfestung) auf dem gleichnamigen Hügel in Eriwan ist Herzstück des Erinnerns an die Verfolgung der Armenier im Ersten Weltkrieg.

Das Thema Asylbewerber hatte sie auch bei ihrem vorausgegangenen Besuch in Georgien angesprochen. Nach der Visumsliberalisierung der EU sei eine große Zahl von Asylbewerbern aus Georgien nach Deutschland gekommen, obwohl die Anerkennungsquote sehr gering sei. Nach Merkels Ansicht sollte Georgien als sicheres Herkunftsland für Flüchtlinge eingestuft werden. Die Hoffnung Georgiens auf einen schnellen EU- und Nato-Beitritt hatte Merkel gedämpft.

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