China Autos müssen stehen bleiben, Schulen bleiben dicht

Peking · Der übelriechende Schleier, der sich in diesen Tagen über Peking legt, den hat es in der chinesischen Hauptstadt schon häufig gegeben. Die Luftverschmutzung vor einer Woche etwa hatte eine fast doppelt so hohe Konzentration an krebserregendem Feinstaub wie der derzeitige Smog. Doch gilt jetzt die höchste Warnstufe.

 Bild aus dem Alltag: Die Atemschutzmaske gehört dazu.

Bild aus dem Alltag: Die Atemschutzmaske gehört dazu.

Foto: EPA

Zum ersten Mal hat Chinas Führung für Peking die Alarmstufe Rot ausgerufen. Fabriken müssen seit gestern Morgen ihre Produktion herunterfahren oder ganz stoppen. Schulen wurden angewiesen, den Unterricht ausfallen zu lassen. Für fast jedes zweite Auto gilt ein Fahrverbot. Ziel sei es, "die öffentliche Gesundheit zu schützen", heißt es in einer knappen Erklärung des Umweltministeriums. Der Alarmzustand gilt bis morgen. Erst dann wird kalter Wind aus dem Norden erwartet, der den giftigen Nebelschleier aus der Hauptstadt weht.

Die Belastung mit dem gesundheitsgefährdenden Feinstaub mit weniger als 2,5 Mikrometern Durchmesser (PM2,5) war gestern auf fast 400 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft geklettert. Das gilt als "gefährlich". Vor einer Woche erreichten die Feinstaubwerte an zwei Tagen allerdings Werte von über 600 Mikrogramm. Es waren Pekings bislang schlimmste Smogtage in diesem Jahr. Trotzdem galt nur die zweithöchste Warnstufe "Orange".

In China gilt eine vierstufige Gefahrenskala. Bei den unteren Stufen handelt es sich lediglich um Empfehlungen. Nur einige besonders schmutzige Fabriken und Kohlekraftwerke müssen bei Gefahrenstufe "Orange" ihre Produktion und damit den Ausstoß drosseln. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält Werte von über 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bereits für gesundheitsgefährdend.

Dass sich Pekings Behörden mit der Ausrufung der höchsten Gefahrenstufe so schwer tun, hängt damit zusammen, dass einige Parteisekretäre bis heute das Problem der Luftverschmutzung nicht wahrnehmen wollen. Bis 2013 versuchte die gesamte kommunistische Führung, das Problem herunterzuspielen. Bis dahin war selbst die Veröffentlichung der Luftwerte verboten.

Die Führung um Staatspräsident Xi Jinping hat versprochen, das Problem anzugehen. Beim Klimagipfel in Paris beteuerte er vergangene Woche ein weiteres Mal, Chinas massiven Kohleausstoß in den nächsten Jahren deutlich zu verringern. Auf konkrete Zahlen lässt er sich aber weiter nicht ein.

Dass es Peking ausgerechnet zum Auftakt des Pariser Klimagipfels wegen des Smogs weltweit in die Schlagzeilen schaffte, empfand die chinesischen Führung aber offensichtlich als Blamage. Am Wochenende berichteten die Staatsmedien außergewöhnlich kritisch über die laxen Maßnahmen der Pekinger Stadtverwaltung. In einem Leitartikel der Volkszeitung - Parteiorgan der kommunistischen Führung - wird Pekings Bürgermeister Wang Anshun offen angegangen. Er solle handeln, wird er aufgefordert.

Und auch viele Pekinger Bürger verlieren inzwischen die Geduld. "Müssen den Versprechungen nicht endlich einmal Taten folgen?", fragt die Bloggerin Huang Mei im sozialen Netzwerk Weibo. Der Pekinger Büroangestellte Li hat keine Hoffnung mehr. "Ich will so schnell weg aus dieser Höllenstadt."

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