Singen für Tata Mandela Bad Honnefer erleben Trauerfeier in Johannesburg

BAD HONNEF/JOHANNESBURG · "Wir haben es geschafft. Wir sind im Stadion. Jetzt noch ein paar Stunden warten, bis es anfängt." Um 5.47 Uhr am Dienstagmorgen übermitteln Hannah und Marie-Christine Arens ihren besorgten Eltern in Bad Honnef über den Kurznachrichtendienst "Whats App" eine begeistert klingende Nachricht.

 "Sie gehen anders mit dem Tod um als wir": So erlebten die Honneferinnen die Südafrikaner.

"Sie gehen anders mit dem Tod um als wir": So erlebten die Honneferinnen die Südafrikaner.

Foto: dpa

Die Schwestern, die derzeit mit Unterstützung des in Bad Honnef ansässigen Deutsch-Südafrikanischen Jugendwerks ein Freiwilliges Soziales Jahr in Südafrika absolvieren, sind unter den 90 000 Menschen, die im WM-Stadion von Johannesburg Abschied von Nelson Mandela nehmen. Wie auch US-Präsident Barack Obama, Bundespräsident Joachim Gauck und viele andere Staats- und Regierungschefs aus aller Welt.

Schon am Montagnachmittag hatten sich die Schwestern, die im Frühjahr ihr Abitur am Siebengebirgsgymnasium gemacht haben, mit anderen Freiwilligen aus Deutschland auf den Weg aus der 120 Kilometer entfernten Universitätsstadt Potchefstroom nach Johannesburg gemacht.

Für Hannah, die gestern 19 Jahre alt wurde, und ihre 20-jährige Schwester eine nicht ganz risikolose Fahrt, denn die Kriminalität in Südafrika ist groß, schildert ihr Vater Christoph Arens. Er kennt Südafrika aus eigener Anschauung, besuchte die Familie vor drei Jahren doch ihren großen Sohn, der dort damals ebenfalls ein Soziales Jahr absolvierte. "Johannesburg ist ein chaotischer Moloch mit teilweise fünfspurigen Autobahnen."

[kein Linktext vorhanden]Mitten in der Nacht sind die Mädchen in der Nähe des Stadions angekommen - trotz all der Absperrungen und Staus. Und mit der Hilfe südafrikanischer Polizisten, die die Deutschen sogar eskortiert und bewacht haben. Beruhigend für die Eltern. "Wir haben schon geschluckt, als uns die beiden von ihren Plänen erzählt haben." Gesagt haben die Eltern aber nichts.

"Wir versuchen jetzt, ein paar Stunden im Auto zu schlafen, damit wir früh im Stadion sein können", schreibt Marie-Christine am Montag gegen Mitternacht. Nur langsam füllt sich dann am Dienstagmorgen das Stadion, überraschenderweise bleiben manche Reihen leer, berichten die jungen Frauen. "Überhaupt keine Kontrollen am Tor", schreibt Marie-Christine. "Aber alles bisher ruhig. Nette Leute."

Die 20-Jährige, die ihr Soziales Jahr in einem Kinderheim absolviert, schickt ein kurzes Handy-Video: Im strömenden Regen tanzen die Menschen schon in aller Frühe im Stadion. Immer wieder singen sie "Tata Mandela", Vater Mandela. Viele tragen die südafrikanischen Nationalfarben, Mandela-T-Shirts, bunte Perücken und Flaggen - wie im Karneval.

[kein Linktext vorhanden]"Seit Stunden im Regen stehen. Total übermüdet alle. Aber total geil...", heißt es in einer Kurznachricht von Hannah, die sich in ihrem Sozialen Jahr in einem Township um Aids-Waisen kümmert. Die Zeremonie beginnt bei strömendem Regen mit großer Verspätung. "Regen bei Beerdigungen ist in Südafrika ein Zeichen des Segens", sagt der Stadionsprecher, nachdem die Menschenmenge bewegt die Nationalhymne gesungen hat.

Die Schwestern sind durchnässt und frieren, tanzen und hüpfen mit, recken die Faust in die Luft. Großes Gekreische, als Barack Obama aufgerufen wird. Die Tribünen wackeln. Hannah und Marie-Christine, die eine Südafrika-Flagge um die Schultern gelegt haben, wollen mitsingen und fragen ihre Nachbarn nach den Texten der Lieder und Gesänge. Es wird ein langer anstrengender Tag für die beiden Bad Honneferinnen.

"Überhaupt keine Trauer", wundert sich Marie-Christine. "Die Südafrikaner tanzen und singen und gehen anders mit dem Tod um als wir."

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