Offensive der Türkei in Nordsyrien Bundesregierung schweigt zum Einsatz deutscher Panzer

BERLIN · Die Türkei setzt bei ihrer Offensive in Nordsyrien offenbar auch deutsche Leopard-Panzer ein. Die Bundesregierung schweigt dazu.

 Ein türkischer Leopard-Panzer in der Provinz Hatay.

Ein türkischer Leopard-Panzer in der Provinz Hatay.

Foto: dpa

Die Bundesregierung: schweigt. Nichts hören, nichts sehen, nichts wissen. Bloß das zarte Pflänzchen der jüngsten deutsch-türkischen Annäherung nicht gleich wieder zertrampeln. Vor zwei Wochen erst war der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei „meinem Freund Sigmar“ Gabriel zu Besuch in dessen Privathaus in Goslar. Auf einen Tee mit anschließendem Stadtspaziergang an einem Sonntag. Dass die Türkei erwäge, Panzer aus deutscher Produktion mit einem Minenschutz nachzurüsten, dagegen könne doch nun wirklich niemand ernsthaft etwas haben, so Gabriel.

Jetzt, da türkische Kampfverbände offenbar mit deutschen Panzern die Grenze nach Nordsyrien überqueren, wo sie gegen kurdische Milizen vorgehen, haben die Nato und auch Deutschland ein Problem. Die Türkei stellt sich mit ihrer Offensive indirekt auch gegen die Nato-Führungsmacht USA, die die Kurden in deren Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) trainiert und mit Waffen beliefert. Alles, was eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Dienstag bestätigen wollte: Ja, auf einigen (Fernseh-)Bildern seien Leopard-Panzer zu sehen wie sie auch die Bundeswehr habe. Ende der Sprechstunde.

Omid Nouripour kann da nur den Kopf schütteln: „Das ist der helle Wahnsinn. Wofür ist die Nato eigentlich da?“, fragt der Grünen-Außenpolitiker mit Blick auf die jüngste türkische Militäroffensive in Nordsyrien. Kein Vertun, man dürfe kurdische YPG-Milizen „nicht romantisieren. Das ist eine stalinistische Organisation“, erklärt Nouripour. Und trotzdem: Es rieche nach einem Verstoß gegen die deutschen Rüstungsexportrichtlinien, und er hoffe, dass Deutschland einen solchen Einsatz deutscher Leopard-Panzer des Nato-Partners Türkei für einen Krieg gegen die Kurden ausgeschlossen habe.

Härtere Gangart gefordert

Wie die Grünen fordert auch die Linkspartei eine härtere Gangart der Bundesregierung. Deren Außenpolitiker Stefan Liebich kritisiert Außenminister Gabriel, der „windelweich“ reagiere, wenn er lediglich seine Besorgnis über die türkische Militäroffensive äußere. Gabriel müsse deutlich machen, dass die Türkei gegen Völkerrecht verstoße. Im Auswärtigen Amt spricht man zwar von „unkalkulierbaren Risiken“, die sich durch die aktuelle Konfrontation aufbauten, aber auch von einer „fluiden Lage“. Übersetzt: Alles im Fluss.

Grünen-Außenpolitiker Nouripour sieht als ein Motiv für die deutsch-türkische Annäherung den Waffengang in Nordsyrien: „Die Türkei ist in Syrien auf Kollisionskurs mit den Amerikanern. Das ist der Grund, warum die Türkei wieder die Nähe zu Deutschland sucht.“ Die Bundesregierung sei damit aktuell „in einer starken Position“. Schon bei der deutschen Waffenhilfe für kurdische Peschmerga in Nordirak hatten Kritiker davor gewarnt, die gelieferten Rüstungsgüter, darunter das Sturmgewehr G36 und die Panzerabwehrrakete „Milan“, könnten leicht in falsche Hände geraten.

Jetzt zeigt das Beispiel Türkei: Panzer aus deutscher Produktion sind zwar in der Hand eines Nato-Partners, aber damit doch schneller in einen Konflikt geraten, als es die deutsche Rüstungsexportrichtlinie erlauben würde. Die gilt für Exporte in Länder, die in eine bewaffnete Auseinandersetzung verwickelt sind. Wie auch für Länder, bei denen die Ausfuhr von Kriegswaffen aus Deutschland bewaffnete Auseinandersetzungen auslösen oder bestehende Konflikte durch einen Export verschärfen könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort