EU-China Gipfel Münchner Bier bleibt bayerisch

BERLIN. · EU-China-Gipfel schrumpft auf Videoformat. Das Investitionsabkommen stockt, dafür werden regionale Produkte geschützt

 Videokonferenz: Chinas Präsident Xi Jinping (o.l.), Charles Michel (r.), Präsident des Europäischen Rates, Bundeskanzlerin Angela Merkel (u.l.) und  EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Videokonferenz: Chinas Präsident Xi Jinping (o.l.), Charles Michel (r.), Präsident des Europäischen Rates, Bundeskanzlerin Angela Merkel (u.l.) und  EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Foto: dpa/Yves Herman

Es wäre alles angerichtet gewesen für den großen EU-China-Gipfel. Leipzig, die Stadt, die einst als Kandidatenstadt nach den Olympischen Sternen griff, hätte den roten Teppich ausgerollt für die Gäste aus Fernost. Nicht, dass die neue Seidenstraße direkt durch Leipzig führt. Doch die Bundesregierung wollte Chinas Präsident Xi Jinping in der Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft in der EU einen Leuchtturm Ostdeutschlands präsentieren. Aber dann kam Corona. Und jetzt muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Light-Version eines Gipfels begnügen.

Die deutsche Regierungschefin ist an diesem Montag vom Bundeskanzleramt aus mit den Spitzen der EU in Brüssel und mit Xi Jinping in Peking zusammengeschaltet: Videokonferenz statt Bilder vorfahrender Staatskarossen vor der Kongresshalle am Zoo und einem Handschlag vor den Fahnen der EU, Deutschlands und Chinas im Hintergrund. Merkel: „Covid-19 hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Und später bei der digitalen Pressekonferenz ist Europa allein zu Hause, ohne Xi Jinping.

Ein Gipfel des Abstandes. Das passt zur Lage. Die Beziehungen zwischen der EU und China waren schon besser. Das neue chinesische Sicherheitsgesetz und das brutale Vorgehen chinesischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in der Sonderverwaltungsregion Hongkong haben bei der EU scharfe Proteste ausgelöst. Der EU-China-Gipfel, ursprünglich für Juni geplant, war schließlich zunächst abgesagt worden. Offizieller Grund: Corona. Chinas massives Eingreifen als Reaktion auf den Freiheitsprotest in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong soll dabei aber eine Rolle gespielt haben. Ein Land, zwei Systeme – dieses Prinzip tritt die Führung in Peking seit Langem mit Füßen.

Doch vom Geschäft mit dem Riesenreich und einem Markt mit 1,4 Milliarden Verbrauchern will die EU auch nicht lassen. Ebenso wie China mit der wirtschaftspotenten Europäischen Union und einem Markt von 450 Millionen Menschen gerne Handel treibt. Natürlich steht bei diesem abgespeckten EU-China-Gipfel weiter das geplante Investitionsabkommen auf der Tagesordnung.

Ob aber eine Einigung bis Jahresende erreicht werden kann, ist offen. Die EU stört sich vor allem daran, dass Peking sich weiter dagegen sperrt, europäischen Unternehmen bei deren China-Geschäft bessere Bedingungen zu ermöglichen. So solle Peking von seiner Politik erzwungener Technologie-Transfers abrücken. Deutsche Unternehmen beklagen, dass sie oft ihr Know-how nach China liefern und dafür eine zu geringe Gegenleistung bekämen, beziehungsweise ihr Wissen abgeschöpft wird, ohne dass gemeinsame Projekte folgen. Die EU drängt darauf, dass europäische Firmen den gleichen Marktzugang in China erhalten wie umgekehrt chinesische Unternehmen zum EU-Markt. Doch Corona hat selbst dieses wichtige Abkommen relativiert.

Abkommen schützt geografische Herkunft

Außerdem will Merkel die Monate der laufenden deutschen Ratspräsidentschaft nutzen, China auch um Zugeständnisse beim Klimaschutz zu bewegen. Die Bundeskanzlerin wie auch EU-Ratspräsident Charles Michel („Europa muss Akteur sein“) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollen Xi Jinping dazu bringen, keine Kohlekraftwerke mehr in China zu bauen oder deren Bau im Ausland zu finanzieren.

Und so begnügen sich die EU und China bei ihrem Gipfel im Kleinformat zunächst damit, ein Abkommen zu unterzeichnen, das für jeweils 100 Produkte die geografische Herkunft schützt. Münchner Bier kommt demnach auch weiterhin aus München und nicht aus Tsingtao, wo eine der beiden größten chinesischen Brauereien ihren Sitz hat. Auch fränkischer Wein, Champagner, Feta-Käse und Parma-Schinken sind danach geschützt, ebenso wie auf chinesischer Seite etwa Moutai Schnaps oder Panjin Reis in der EU gegen Nachahmer-Produkte geschützt sind.

Merkel: „Für die deutschen Weinbauern ist das heute ein guter Tag, genauso für das Münchner und das bayerische Bier.“ Klingt fast wie ein Prosit – der europäischen Entschlossenheit.

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