„Ad5-nCoV“ von Cansino Biologics China patentiert erstmalig Corona-Impfstoff

Peking · China hat erstmalig eine Patentzulassung für einen Corona-Impfstoff erteilt. Kein Land der Welt hat mehr pharmazeutische Steckenpferde im Rennen. Doch dies wird auch mit Skepsis betrachtet.

 Weltweit suchen Forscher nach geeigneten Impfstoffen gegen das Coronavirus.

Weltweit suchen Forscher nach geeigneten Impfstoffen gegen das Coronavirus.

Foto: dpa/Sakchai Lalit

Während sich die meisten europäischen Pharmaunternehmen verhalten optimistisch über ihre Impfstoffkandidaten äußern, können sich einige Chinesen bereits heimische Vakzine injizieren lassen. Zumindest wenn man bei einem Staatsunternehmen arbeitet, erzählt eine junge Angestellte aus Peking: „Die Manager haben sich allesamt impfen lassen, wahrscheinlich um als gutes Beispiel voranzugehen. Bei vielen Mitarbeitern herrscht allerdings noch Skepsis“, sagt die Chinesin, die anonym bleiben will. Ob sie sich selbst impfen lassen möchte? „Der ersten Versuchsgruppe will ich nicht angehören.“ Wie könne sie wissen, ob der Impfstoff sicher ist oder nicht?

Am Sonntag jedoch hat die staatliche Behörde für geistiges Eigentum bekannt gegeben, erstmals eine Patentzulassung für einen Impfstoff erteilt zu haben. Der unter dem Namen „Ad5-nCoV“ laufende Kandidat des Pharmazeuten „Cansino Biologics“ mit Sitz in Tianjin demonstriert damit laut Staatsmedien, „originär und kreativ“ zu sein. Das nationale Patent würde zudem „das Vertrauen auf dem internationalen Markt erhöhen“. Zumindest die Aktien des Pharmaherstellers sind am Montag in die Höhe geschnellt, an der Börse in Hongkong gar um 14 Prozent.

Derzeit befindet sich das Serum in der dritten und damit letzten Testphase, die unter anderem in Saudi-Arabien mit über 5000 Probanden durchgeführt wird. Bereits Ende Juli publizierte das chinesische Start-up die Resultate der zweiten Testphase, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft als effizient und sicher goutiert wurden. Schon bald könne der Impfstoff laut chinesischen Behörden „im Falle eines Ausbruchs“ produziert werden – bis zu zweihundert Millionen Dosen jährlich.

Kein anderes Land hat derzeit ähnlich viele pharmazeutische Steckenpferde im Rennen um einen Corona-Impfstoff: Neun von insgesamt 29 Kandidaten, die sich mittlerweile in klinischen Tests am Menschen befinden, wurden in der Volksrepublik entwickelt. Von den derzeit sieben Kandidaten in der finalen dritten Testphase kommen gar fünf aus China.

Seit über einem Jahrzehnt meldet die Volksrepublik so viele Impfstoffpatente gegen Infektionskrankheiten an wie sonst kein anderer Staat. Gleichzeitig haben sich die Arzneimittel aus China bislang nur selten auf dem internationalen Markt behaupten müssen. All das – gepaart mit einigen Impfstoff-Skandalen in der Vergangenheit – sorgt nun dafür, dass den chinesischen Impfstoffen mit einer gewissen Skepsis begegnet wird. Ähnliches gilt für den russischen Impfstoff „Sputnik V“. Dieser wurde in der vergangenen Woche als weltweit erster Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen – jedoch vor Abschluss der dritten Testphase. Wissenschaftler kritisieren dies als gefährlich und voreilig.

China setzt bei seinen Corona-Impfstoffen vor allem auf sogenannte “inaktivierte” Versionen. Diese täuschen dem Körper gewissermaßen eine Infektion vor. Jener Ansatz gilt als durchaus sicher und hat sich bei vergangenen Epidemien bereits bewährt, doch gleichzeitig haben „inaktivierte“ Impfstoffe auch einen entschiedenen Nachteil: Ihre Produktion ist sehr arbeitsintensiv und daher ineffizient. In Europa haben die meisten Pharmaunternehmen daher einen anderen Weg gewählt. Schlussendlich wird in den kommenden Monaten jedoch eine ganz andere Frage in den Vordergrund rücken: Wer erhält als erstes Zugang zu effizienten Impfstoffen, ganz gleich aus welchem Land?

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