Sektensiedlung in Chile „Colonia Dignidad“ mit Rentengeld illegal finanziert?
Santiago de Chile · Das Auswärtige Amt prüft Vorwürfe, wonach deutsche Rentenversicherer wegen falscher Botschaftsinformationen die Foltersiedlung Colonia Dignidad in Chile mitfinanziert haben könnten.
Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) für die ARD-Dokumentation „Die Sekte der Folterer: Deutsche Diplomaten und die Verbrechen der Colonia Dignidad“ ergaben, dass zwischen 1961 und 1989 „Beträge von mehreren Millionen Mark“ aus Deutschland geflossen sein sollen. Teilweise sei das Geld aber offensichtlich auch an bereits gestorbene deutsche Staatsangehörige gegangen. Die Deutsche Botschaft in Santiago habe sich nicht überzeugt, ob Empfänger noch leben, sondern Lebensbescheinigungen in pauschalen Sammelverfahren erteilt.
Im Auswärtigen Amt in Berlin konnten die Vorwürfe weder bestätigt noch dementiert werden. „Die Vorgänge um die Colonia Dignidad und die Rolle der deutschen Botschaft zu der Zeit sind Teil umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, die das Auswärtige Amt begrüßt und unterstützt“, hieß es dort am Dienstag. Der Botschaft in Santiago wird seit langem eine Kollaboration vorgeworfen. In der heute „Villa Baviera“ genannten Anlage, die damals hermetisch abgeriegelt war, kam es zu systematischem Kindermissbrauch. Während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) diente die 15 000 Hektar große Kolonie als Folterlager, es kam zu Ermordungen von Regimegegnern.
Sektenführer Paul Schäfer war 1961 mit seinen Anhängern aus Siegburg bei Bonn nach Südamerika ausgewandert. Er wurde 2006 zu 20 Jahren Haft verurteilt und starb 2010 im Gefängnis. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte bereits 1966 von „KZ-ähnlichen“ Methoden erfahren. Beim Chile-Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck hatte im Juli die Einladung eines Mittäters der Colonia Dignidad zu einem Botschaftsempfang für Irritationen gesorgt. Dieser war in einem Missbrauchprozess zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
