Vortrag über Rheinbach im Ersten Weltkrieg "Die Begeisterung hielt sich in Grenzen"

RHEINBACH · Zahlreiche Publikationen und Dokumentationen erinnern an den Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren. Doch wie haben die Einwohner Rheinbachs, einer Stadt mit damals 3000 Einwohnern, die Mobilmachung und die vier Jahre Krieg von 1914 bis 1918 erlebt?

Das Ehrenmal "Unseren Helden 1914 bis 1918" im Stadtpark.

Das Ehrenmal "Unseren Helden 1914 bis 1918" im Stadtpark.

Foto: Stadtarchiv Rheinbach

Darum ging es in einem Vortrag des Historikers Gerhard Düsterhaus am Dienstagabend im Ratssaal des Glasmuseums.

Der Wahl-Rheinbacher, der Mitglied der Freunde des Archivs der Stadt Rheinbach ist, betonte die ideellen Unterschiede zwischen Land- und Stadtbevölkerung. So machte er den zahlreichen Zuhörern deutlich, dass sich die Kriegsbegeisterung auf dem Land und in Städten der Größe Rheinbachs "in Grenzen hielt". "Pflicht und Hingabe, Stolz auf die schimmernde Wehr konkurrierten mit unguten Vorahnungen bei denen, denen die prekäre Lage des Reiches bekannt war."

Düsterhaus hatte für seinen Vortrag zahlreiche Quellen wie Chroniken und Annalen von Schulen oder der Geistlichkeit ausgewertet. So habe bei den Schwestern des Lyzeums "Unserer Lieben Frau" kurz nach Kriegsausbruch schon eine ungute Stimmung geherrscht. Vorausschauend wurde die Turnhalle in einen Krankensaal für verwundete Soldaten umgewandelt. Am 1. September kam bereits der erste Truppentransport an.

Mancher junge Mann meldete sich nach dem Abitur als "Einjährig-Freiwilliger" zum Militär, berichtete Düsterhaus, wie zum Beispiel Carl Commeßmann, der einzige Sohn des gleichnamigen Rheinbacher Bürgermeisters. Er starb schon im Oktober 1914 "durch die Anstrengungen und Entbehrungen des Krieges". Er sei der einzige Gefallene der Kernstadt, der in seiner Heimat beerdigt worden sei. Beim Städtischen Gymnasium, das 1914 295 Schüler besuchten, erhielten Schüler kriegsbedingt vorzeitig ihr "Zeugnis der Reife", um einrücken zu können. 67 von 167 Untersekundanern und Primanern meldeten sich 1914 freiwillig zum Wehrdienst, 1916 standen 133 unter Waffen. 46 ehemalige Schüler, deren Namen sich auf der Gedächtnistafel der Schule finden, fielen.

In den Schulchroniken werde der häufige Unterrichtsausfall offenbar, sagte Düsterhaus. Nicht nur dass jeder Sieg im Osten und Westen gefeiert wurde, die Kinder mussten, da Mangel an Arbeitskräften herrschte, in der Landwirtschaft kräftig mithelfen. Durch die englische Blockadepolitik wurde die Ernährungslage der Bevölkerung immer schwieriger. So erhielt 1916 jeder Bürger in Neukirchen pro Woche drei Pfund Brot, 100 Gramm Fleisch, 50 Gramm Butter, 25 Gramm Waschseife und sieben Pfund Kartoffeln.

Als der Krieg im französischen Compiègne am 11. November ein Ende fand, waren 250 Rheinbacher im Feld gefallen. Eine Gedenktafel mit den Namen der Toten wurde 1922 im Stadtpark aufgestellt. Sie war "Unseren Helden" gewidmet. Von den Amerikanern 1945 zerstört, erinnert das heutige Denkmal von 1967 nicht nur an die Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, sondern an alle Opfer. Damit die Gefallenen von 1914 bis 1918 nicht vergessen werden, bemüht sich Stadtarchivar Dietmar Pertz, die Namen auf den 1945 zerstörten Gedenktafeln zu entziffern und die Personen den jeweiligen Ortsteilen zuzuordnen.

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