Quen Elizabeth II Die Jahrhundertkönigin

Morgen ist Elizabeth II. die Herrscherin mit der längsten Regentschaft Großbritanniens und überholt Ururgroßmutter Queen Victoria

Elizabeth 2015: Die Königin im Juni bei ihrem Deutschlandbesuch in Berlin.

Elizabeth 2015: Die Königin im Juni bei ihrem Deutschlandbesuch in Berlin.

Foto: DPA

Wenn Königin Elizabeth II. morgen eine Eisenbahnstrecke in Schottland eröffnen wird, gehört das zu einem dieser weniger spektakulären Termine, die sie pflichtbewusst und höflich-reserviert bereits zu Tausenden absolviert hat.

Und dennoch wird die ganze Welt auf das Staatsoberhaupt schauen. An diesem Tag überholt die 89-Jährige ihre Ururgroßmutter als Herrscherin mit der längsten Regentschaft Großbritanniens. 63 Jahre und 216 Tage sitzt die Monarchin dann auf dem Thron, aber feiern will sie den Rekord keineswegs.

Dabei genießt sie eine Popularität, von der Politiker nur träumen können. Kaum ein Brite kann sich vorstellen, dass die Königin einmal nicht mehr in ihren farbenfrohen Kostümen und Hüten in die Menge winken wird.

[kein Linktext vorhanden]Sie ist so etwas wie das Aushängeschild der Nation, das über allen Dingen steht, auch über der Tagespolitik. In der Machtlosigkeit liegt offenbar auch das Geheimnis ihres Erfolgs: "Ihre Impotenz macht sie stark", sagt die royale Historikerin Karina Urbach.

Unter ihrer Herrschaft zerfällt das Empire

Dabei gehen Experten davon aus, dass Elizabeth II., die nach dem Tod ihres Vaters König Georg im Februar 1952 zur Königin wurde, sehr wohl indirekten Einfluss auf die Politik nimmt. Während aber Queen Victoria das goldene Zeitalter Britanniens geprägt hat, ist unter der Herrschaft Elizabeths II. das Empire zerfallen.

Die Macht und der Einfluss des einstigen Weltreichs sinken stetig. Sie wurde zur schweigenden Monarchin, die mit stoischer Ruhe, viel Symbolik und Disziplin ihren Dienst am Volk ausübt.

Sie hat große Umwälzungen miterlebt. Gleichwohl behaupten Kritiker, dass nicht viel bleiben wird von ihrer Regentschaft - außer dem Commonwealth, das sie mitaufgebaut und zusammengehalten hat.

"Elizabeth II. hat es geschafft, die schlechten Erfahrungen und all die Verbrechen, die im Empire stattgefunden haben, in etwas Positives zu verwandeln - aus einer negativen Kolonialgeschichte ist so etwas Gutes entstanden", sagt die Historikerin.

Die Monarchin hält sich oft zurück

Dagegen ist ihre Ururgroßmutter Namensgeberin des Viktorianischen Zeitalters. Sie wollte nach dem frühen Tod ihres deutschen Mannes, Prinz Albert aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha, "das Empire bis auf den letzten Mann verteidigt sehen", so Urbach, und wurde zum Symbol des wachsenden Weltreichs.

Königin Elizabeth II. besitzt keine vergleichbare politische Macht. Und hält sich auch sonst eher zurück. Manchmal zu sehr. Als 1997 Ex-Schwiegertochter Diana starb, forderte das Volk "mehr Gefühl" von seinem Staatsoberhaupt.

[kein Linktext vorhanden]Im Privatleben offenbaren sich die größten Parallelen zwischen den Jahrhundertköniginnen. "Als überforderte Mütter schwieriger Kinder haben sie mehrere Familienkrisen öffentlich ertragen müssen", so Urbach. Victoria hatte einen "etwas triebhaften Sohn, der ständig in Skandale mit Frauen verwickelt war".

Elizabeth II. dagegen kämpft unter anderem mit ihrer schwierigen Beziehung zu Prinz Charles. Der Thronfolger beschwerte sich einst über eine "elende Kindheit". Mittlerweile aber haben die Briten Elizabeth II. alle Fehltritte verziehen, die Monarchie scheint gewappnet für die Zukunft. Zu dieser Wende trug auch die jüngere Generation bei.

Die neue Generation ist charmant

Prinz William und seine Frau Kate mitsamt ihrer Kinder werben auf charmante, wenn auch teilweise sehr altmodische Art für die Monarchie. Boulevardzeitungen in aller Welt lechzen nach Bildern und Geschichten, Urbach zufolge seien die britischen Royals bei der Inszenierung des Pomps weltweit führend: "Sie haben die besten Traditionen, die besten Hochzeiten und Beerdigungen zu bieten, all diese großen Festivitäten - sie machen das fantastisch."

Schon Victoria, die im Gegensatz zu Elizabeth II. als intellektueller und künstlerisch interessierter beschrieben wird, war Meisterin der Inszenierung. Erst mit ihrer Krönung wurde die Monarchie, die aufgrund verschwenderischer Vorgänger kurz vor dem Kollaps stand, wieder populär.

Damals verkörperten sie und Prinz Albert die Werte ihrer Epoche: Moral und die große Bedeutung der Familie. Alberts früher Tod 1861 stürzte die Witwe in tiefe Verzweiflung. Die Royals, die ihren Kindern fast bodenständige Ideen vermittelten, "inszenierten sich als eine sozial engagierte Familie, die sich ständig weiterbildete, abends musizierte und um 21 Uhr ins Bett ging". Dieses Familienleben galt im Viktorianischen Zeitalter für alle Klassen als Vorbild.

Dass irgendwann von einem zweiten Elisabethanischen Zeitalter gesprochen werden wird, bezweifeln viele. Ein Vorbild für viele Briten ist Queen Elizabeth II. trotzdem. "Immer und immer wieder, leise und bescheiden, hat die Königin uns allen gezeigt, dass wir zuversichtlich in die Zukunft gehen können - ohne die Dinge zu verraten, die uns wichtig sind", schrieb Prinz William kürzlich in einem Vorwort zu einer Biografie. Leise und bescheiden - so wird sie auch morgen in Schottland auftreten, trotz Rekord-Regentschaft.

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