Keine Einigung beim Spitzentreffen Die Türen der EU bleiben für Neumitglieder geschlossen

Brüssel · Die EU-Staaten konnten sich beim Spitzentreffen nicht auf Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien einigen. Die Debatte soll erst im Mai 2020 wieder aufgenommen werden.

 Der französische Präsident Macron während des EU-Gipfels.

Der französische Präsident Macron während des EU-Gipfels.

Foto: dpa/Frank Augstein

Die Türen der Europäischen Union bleiben für Neumitglieder vorerst geschlossen. Nach einer fast sechsstündigen Debatte, die Beobachter später als „hoch emotional“ beschrieben, konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU in der Nacht zum Freitag nicht darauf verständigen, Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien aufzunehmen. „Wir haben leider keine Einigung gefunden“, kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Spitzentreffen.

Es blieb nicht nur beim Scheitern in der Nacht. Die Hoffnung, die 27 Staatenlenker würden vielleicht am Freitag noch einmal auf das Thema zurückkommen, wurde enttäuscht. Die Debatte soll erst auf der Balkankonferenz in Zagreb im Mai 2020 wieder aufgegriffen werden. „Ich bin tief enttäuscht“, sagte der slowakische Regierungschef Peter Pellegrini, der mit Amtskollegen aus dem Osten der EU die nächste Erweiterungsrunde forciert hatte.

Zumindest zwischen den Zeilen ließ auch die Kanzlerin ihre Unzufriedenheit durchblicken: „Wir müssen schon auch darauf achten, dass wir verlässlich bleiben“, erklärte sie. Schließlich hatte die EU den beiden Ländern Zusagen für Gespräche über eine Mitgliedschaft gegeben, wenn diese einen Katalog von Reformen abarbeiten würden.

Nach Auffassung der Brüsseler EU-Kommission ist dies geschehen. Dennoch blieb vor allem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron bei seinem bereits angekündigten strikten Nein. „Die Beziehungen zu unseren Nachbarn können nicht immer darin bestehen, die Nachbarn aufzunehmen“, sagte er zum Abschluss des EU-Gipfels. Es müsse „auch andere Formen von enger Nachbarschaft geben“. In Anspielung auf die ungelösten Probleme in der Migrations- und Asylpolitik meinte Macron weiter: „Die EU hat ihre eigenen Krisen.“

Allerdings stand Paris nicht alleine. Auch die Niederlande und Dänemark lehnten die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Sofia und Skopje ab. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel blieb ebenfalls distanziert: „Wir müssen erst im Haus putzen, ehe wir die Tür öffnen“, sagte er.

Kaum weniger heftig ging es beim letzten großen Thema dieses europäischen Gipfeltreffens zu. Spätestens im kommenden Jahr müssen die verbliebenen 27 EU-Mitgliedstaaten eine Einigung über den Haushaltsrahmen für die nächsten sieben Jahre ab 2021 treffen. „Wir stehen unter Zeitdruck“, betonte Merkel, die eine Vereinbarung im ersten Halbjahr unter kroatischer Ratspräsidentschaft forderte – wohl auch deshalb, damit Deutschland, das den halbjährlich wechselnden Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2020 übernimmt, mehr Spielraum für andere Schwerpunkte hat.

Doch die Meinungsverschiedenheiten sind groß. Deutschland und Österreich wollen die Beiträge bei einem Prozent der EU-Wirtschaftsleistung einfrieren und forderten entsprechende Einsparungen, weil durch den Brexit jährlich rund zwölf Milliarden in der Brüsseler Kasse fehlen. Dabei scheinen die Forderungen kaum vereinbar: Frankreich will Kürzungen bei den Agrarzahlungen auf keinen Fall akzeptieren. Die Ost-Staaten fordern, die Gelder aus den Strukturfonds unangetastet zu lassen.

Gleichzeitig müssen aber neue Aufgaben wie der Aufbau der europäischen Grenzschutztruppe, Klimaschutz oder die Ausweitung des Austauschprogramms Erasmus+ sowie höhere Forschungsausgaben finanziert werden. Deutschland zahlt bisher pro Jahr rund 25 Milliarden Euro in die Gemeinschaftskasse, bekommt aber nur 15 Milliarden wieder über Beihilfen und andere Subventionen zurück. Die Überweisungen müssten um zehn Milliarden Euro steigen, wenn sich die Mitgliedstaaten auf einen Beitrag in Höhe von einem Prozent einigen. Hinzu kommt, dass Präsident Macron am Freitag dafür eintrat, alle bisherigen Rabatte zu streichen. Das würde unter anderem auch Deutschland treffen und zusätzliche Milliarden kosten.

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